Immer auf der Suche nach Neuem: Karsten Roloff.

Der Unverpacktladen in Wolfenbüttel

Ja, Wolfenbüttel hat so etwas. Unverpacktläden sind ein Trend auf dem Lebensmittelmarkt. Seit 2014 gibt es sie in Deutschland, und seit 2021, dank Karsten Roloff, auch in der Lessingstadt.

»Dieses Projekt folgt gar keinem großen Lebensplan. Ich habe es einfach mit ein paar Studienfreunden und meiner Familie verwirklicht«, erzählt der Wolfenbütteler. Er trägt eine Schürze mit seinem »o-Ve-Logo«. »Ohne Verpackung«, heißt das.

Einkaufsmeile Breite Herzogstraße © Andreas Molau
Einkaufsmeile Breite Herzogstraße © Andreas Molau

Ein Getränk auch für Schüler

Dann holt er eine kleine Pfandflasche aus der Kühlung. Die Firma »Rettergut«, nomen est omen, verspricht Spritzigkeit, Erfrischung und Nachhaltigkeit. Das Getränk ist lecker. »Viele Schüler haben das schon entdeckt«, freut er sich.

Also, natürlich gibt es auch einige Produkte, die von Haus verpackt sind. Wichtig ist Karsten Roloff aber bei allem, was er tut, die Nachhaltigkeit. Allein, was man an Plastik bei den Waschmitteln sparen könne, sei enorm, mahnt er.

Immer auf der Suche nach Neuem: Karsten Roloff.
Immer auf der Suche nach Neuem: Karsten Roloff.

So muss es in einem Kolonialwarenladen ausgesehen haben

Wir stehen am Kassentresen seines Geschäftes auf der Breiten Herzogstraße. Der Laden zwischen der Vitrine und Messer Meyer ist schmal und zieht sich auf einer Ebene bis fast zur Rückseite des Gebäudes.

Ich komme zum ersten Mal hier herein und fühle mich gleich willkommen geheißen. Es ist mein erster Unverpacktladen. So muss einstmals ein Kolonialwarenladen ausgesehen haben, schießt es mir durch den Kopf.

Auch das Pasta-Angebot ist riesig im Unverpacktladen. © Andreas Molau
Auch das Pasta-Angebot ist riesig im Unverpacktladen. © Andreas Molau

Regionalität ist im Unverpacktladen wichtig

In hohen durchsichtigen Zylindern gibt es (fast) alles, was man sich an Trockenwaren wünschen kann: Müsli, Hülsenfrüchte, Nudeln in jeder Form und Farbe. Die Schönheit der Lebensmittel kommt voll zur Geltung.

Darüber hinaus nehmen die Regale und Wandverkleidungen diese Optik auf, wirken heimelig, ohne altbacken zu sein. »Das hat die Tischlerei Arbor hier in Wolfenbüttel gemacht«, erzählt Karsten Roloff. Regionalität sei ihm wichtig.

In der Region Wolfenbüttel gibt es viel Kulinarisches zu entdecken. © Andreas Molau
In der Region Wolfenbüttel gibt es viel Kulinarisches zu entdecken. © Andreas Molau

Wieder zurück nach Wolfenbüttel

Dass es ihn nach mehr als einem halben Leben wieder in die Heimatstadt zurückziehen würde, habe er sich vor zwei Jahren kaum vorstellen können. Sein Vater führte die »Alte Apotheke« am Stadtmarkt. Karsten machte sein Abi am Schloss.

Nach dem Schulabschluss und dem Wehrdienst begann die Wanderschaft. Ganz unspektakulär fingen diese Jahre mit einer Bankausbildung in Hannover an. »Das war nicht meine erste Wahl, aber eine gute Idee meines Vaters«, lacht er.

Die Schönheit der Lebensmittel kommt voll zur Geltung. © Andreas Molau
Die Schönheit der Lebensmittel kommt voll zur Geltung. © Andreas Molau

Rabatt für Schüler im Unverpacktladen

Zwischendurch kommen Kunden, schauen sich um, lassen sich beraten. Ein Junge hat seine Behältnisse mitgenommen und wiegt sich ganz allein sein Müsli ab. Er käme bald zum Schloss, erzählt er stolz beim Bezahlen.

»Ich finde es toll, dass diese Generation in Sachen Nachhaltigkeit so sensibel aufwächst«, meint Roloff. Deshalb arbeite er mit Schulen zusammen, die sich mit diesem Thema intensiv befassen. Und schließlich bekommen Schülerinnen und Schüler einen Rabatt.

Im Unverpacktladen gibt es immer wieder Aktionen. © Andreas Molau
Im Unverpacktladen gibt es immer wieder Aktionen. © Andreas Molau

Es geht nach Saarbrücken 

Ich bin neugierig. Wie kommt man von einer Bank zu einem Unverpacktladen, möchte ich wissen. Die Geschichte taugt für einen Film. Nach der Bankzeit juckt es Karsten Roloff. Er studiert. 

Die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze spült ihn in den Südwesten der Republik, nach Saarbrücken. In der studentischen Gemeinschaft geht es munter zu. Die meisten Studienfreunde haben sich nie aus den Augen verloren.

Natürlich gibt es im Unverpacktladen auch alle möglichen Sorten Tee. © Andreas Molau
Natürlich gibt es im Unverpacktladen auch alle möglichen Sorten Tee. © Andreas Molau

Der Einzelhandel als Profession

Nun sind einige beim Projekt dabei. Einer kümmert sich zum Beispiel um das Marketing. Damals zeichnete sich dieser Weg schon ab. Nach dem Studium zum Diplomkaufmann rutscht Karsten Roloff in den Einzelhandel.

Wobei, etwas größer ist das schon, was er da über eine weite Zeitspanne macht. Er verhilft einer namhaften Kette, die Supermärkte und Baumärkte hat, zur Expansion. Roloff kümmert sich erst um das Training angehender Marktleiter.

Im Unverpacktladen darf man auch selbst auswiegen. © Andreas Molau
Im Unverpacktladen darf man auch selbst auswiegen. © Andreas Molau

Kreative Jahre

Dann ist er für den Einkauf verantwortlich, sucht sich immer neue Projekte und Aufgaben, an und mit denen er seine Kreativität ausleben kann. »Ich muss wirklich sagen, dass ich gern arbeite«, sinniert er.

Von Saarbrücken geht es nach Tschechien, wo er das dortige Netz von Standorten der Kette aufbaute. Insgesamt zehn Jahre war er dort. Er fühlte sich wohl und erreichte, was man so erreichen kann.

Unverpackt heißt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Schleppen … © Andreas Molau
Unverpackt heißt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Schleppen … © Andreas Molau

Karsten Roloff braucht immer neue Ziele

Er selbst drückt das bescheidener aus. Nach der Zeit in Mähren ging es, inzwischen mit Frau und Kindern, zurück in die Konzernzentrale. Er ließ sich in Luxemburg nieder, weil seine Sprösslinge dort eine internationale Schule besuchen konnten.

Karsten Roloff gehört zu den Menschen, die immer ein neues Ziel brauchen. Nach dem schiedlich, friedlichen Ausscheiden aus dem Konzern machte er sich in der Beratung selbstständig.

Bei Waschmittel kann man viel Verpackung sparen. © Andreas Molau
Bei Waschmittel kann man viel Verpackung sparen. © Andreas Molau

Ökologisches Handeln

Und irgendwann kam dann die Idee, nach Wolfenbüttel zurückzukehren. »Die Kinder sind aus dem Haus. Meine Eltern leben hier noch. Und mein Vater hatte wieder einen tollen Einfall«, schmunzelt er.

Der alte Herr sah die Wichtigkeit zum ökologischen Handeln. Und als Wolfenbütteler, der seine Stadt liebt, fand er zudem, dass ein bisschen Innovation der Geschäftswelt hier nicht schaden könne.

Auch im Bad kann Mann sich umweltbewusst verhalten. © Andreas Molau
Auch im Bad kann Mann sich umweltbewusst verhalten. © Andreas Molau

Gewohnheiten ändern – Motivation für den Unverpacktladen

»Das passte biografisch zu meiner Situation. Ich hatte eine Dokumentation über Plastikmüll gesehen und fand, es ist an der Zeit, wirklich auch anders zu handeln«, erinnert er sich.

Dabei seien es vor allem die Gewohnheiten, die einer echten Veränderung im Wege stünden. Und wenn er nun einkauft in Wolfenbüttel, etwa bei Röber, dann nehme er selbst immer seine Rebowl-Schalen mit.

Auch Schokolade kann man sich im Unverpacktladen mixen. © Andreas Molau
Auch Schokolade kann man sich im Unverpacktladen mixen. © Andreas Molau

Breite Produktpalette im Unverpacktladen

Das Sortiment in seinem Laden habe sich Stück für Stück entwickelt. Da gibt es das Wunschglas, in das die Kunden ihre Vorschläge legen könnten. Karsten Roloff war gerade auf einer Biomesse und baut sich allmählich sein Netz von Zulieferern auf.

»Nachdem wir erst einmal das Grundsortiment hatten – also von Trockenfrüchten, über Hülsenfrüchte, Nudeln, zu Waschmitteln, Gewürzen und Ölen, bis hin zu leckeren Getränken und Brotaufstrichen und Drogeriewaren, richten wir unser Augenmerk jetzt auf die Region.«

Für den täglichen Bedarf gibt es auch Gemüse. © Andreas Molau
Für den täglichen Bedarf gibt es auch Gemüse. © Andreas Molau

Regionale Kooperationen

Da ist ein kleiner Bio-Bauernhof am Elm – die »Grüne Berta« –, der ihn mit Eiern und Produkten aus dem Gemüsegarten versorgt. Und es gibt ein Angebot vom Biohof am Elm: »Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler können bei uns ihre grüne Kiste abholen.«

Das ist eine Zusammenarbeit, wie sie Karsten Roloff gefällt. Und wenn es nach ihm geht, entwickelt sich das auch noch weiter. Freitags gibt es Brot von der Biobäckerei Sartorius aus Königslutter.

Karsten Roloff hat ein Glas für die Wünsche seiner Kundinnen und Kunden. © Andreas Molau
Karsten Roloff hat ein Glas für die Wünsche seiner Kundinnen und Kunden. © Andreas Molau

Optimistisch in die Zukunft

Beim anschließenden Stöbern im Laden bekomme ich richtig Lust zum Einkaufen. Da ist die lose Schokolade, die zum Mixen einlädt. Aber auch die Drogerieartikel wie Zahnpastatabletten, Waschmittel oder Seifen interessieren mich.

Auch wenn die gegenwärtige Marktlage nicht leicht ist, zeigt sich Roloff optimistisch: Ich möchte, dass wir uns hier in Wolfenbüttel etablieren. Und nach alldem, was er über sein Leben erzählt hat, hätte es mich auch gewundert, wenn ihm das genug gewesen wäre.

Natürlich gibt es im Unverpacktladen auch alle möglichen Sorten Tee. © Andreas Molau
Natürlich gibt es im Unverpacktladen auch alle möglichen Sorten Tee. © Andreas Molau

Ethik und Pragmatismus

»Ich möchte darüber hinaus diese Idee weitertragen, und wir haben ein Franchise-Konzept erarbeitet. Wenn also etwa jemand in Wolfsburg einen Unverpacktladen eröffnen möchte, dann begleiten wir dieses Projekt gern.«

Nicht nur in Tschechien hat er tatkräftig daran arbeiten können, wie sich eine Idee entwickelt. Was mir gefällt, das ist eine gute Mischung aus Ethik und Pragmatismus. »Natürlich könne er nicht die ganze Welt retten«, räumt Roloff ein.

Gerettet und wohlschmeckend. Das haben auch Schülerinnen und Schüler entdeckt. © Andreas Molau
Gerettet und wohlschmeckend. Das haben auch Schülerinnen und Schüler entdeckt. © Andreas Molau

Genussvoll und schön

Aber das entbinde einen nicht von der Möglichkeit, es in seinem Umfeld ein Stück besser zu machen. »Wir haben nur diesen einen Planeten. Und ich möchte ihn für meine Kinder und Kindeskinder erhalten«, sagt er.

Wenn das so genussvoll und schön geht, denke ich, sollte uns das auch etwas wert sein. Schließlich werde ich nicht das letzte Mal dort gewesen sein. Das nächste Mal dann mit entsprechendem Geschirr.

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Weitere Informationen zum Unverpacktladen

Adresse: Breite Herzogstraße 12, 38300 Wolfenbüttel

Weitere aktuelle Informationen auf der Facebookseite des Unverpacktladens

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