Susanne Röder auf dem Wochenmarkt

Susanne Röder und ihr »Gourmetmarkt Röber«

Auf dem Kornmarkt besuche ich Susanne Röder. Sie führt eine der ältesten Fleischereien Deutschlands. Röber ist aber viel mehr als eine klassische Fleischerei und Susanne Röder viel mehr als eine Köchin und Fleischereifachverkäuferin …

Der Eingang vom Gourmetmarkt am Kornmarkt.
Der Gourmetmarkt am Kornmarkt. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Es ist Freitagnachmittag – eigentlich kein guter Zeitpunkt, um Susanne Röder in ihrem Geschäft zu besuchen. Im »Gourmetmarkt Röber« ist es zum Wochenende immer besonders voll.

Röder und Röber – das ist kein Hör- oder Lesefehler. »Ich bin eine geborene Röber. Nach dem Tod meines leiblichen Vaters hat meine Mutter wieder geheiratet – Hans-Peter Röder «, erklärt mir Susanne Röder, während wir durch den gefüllten Verkaufsraum in den hinteren Bereich des Geschäftes gehen.

Der Ladenraum, das ist eine Mischung aus klassischem Fleischer mit einer großen Kühltheke und einem Feinkostgeschäft. In den großen Regalen gibt es allerlei Leckeres: Spezielle italienische Pasta, Öle, im Glas eingekochte Fertiggerichte, Gewürze und jede Menge Weine. Auch feine Schokoladen aus Bioqualität und fairem Handel »Das ist neu bei uns. Wir sind bemüht, noch weitere faire Produkte zu beziehen«, erläutert mir die blonde Frau mit der modischen Brille.

Hinter dem Ohr klemmt ihr Kopfhörer mit Mikrofon. Auf dem Weg durch den überdachten Hinterhof an der großen Küche vorbei führt sie damit am Telefon ein Kundengespräch und nimmt die Bestellung für ein Buffet auf.

Auch seltene italienische Nudelspezialitäten gibt’s bei Röber.
Auch seltene italienische Spezialitäten gibt’s bei Röber. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

190 Jahre Geschichte

»Das wird wieder eine Sonderschicht am Wochenende«, sagt sie etwas müde lächelnd. Für eine Jubiläumsfeier hat die Familie ein Buffet bestellt.

Natürlich sei auch das darauf, was jeder kenne, erklärt mir Susanne Röder. Aber die Kunden suchen in ihrem »Gourmetmarkt Röber« immer das Besondere, wie Canapés, Tramezzini oder spezielle Desserts.

Damit das Angebot für ihre Kunden nicht langweilig wird, besucht Susanne Röder regelmäßig Seminare für »Fingerfood«. Sie schaut sich Kochsendungen an oder sucht im Internet nach neuen Rezepten.

Das entspricht auch ihrem Beruf, denn sie ist Fleischereifachverkäuferin und Köchin. Susanne Röder offenbart mir lachend, dass sie aber lange nicht im Betrieb ihrer Eltern gearbeitet hat. Es war anfänglich noch nicht klar, dass sie den Familienbetrieb übernimmt, denn auch für ihre Schwester oder ihren Bruder kam das infrage. Der Familienbetrieb Röber feierte 2017 sein 190. Firmenjubiläum. Der Fleischer Heinrich Röber gründete die Fleischerei auf dem Kornmarkt, womit sie die älteste in Niedersachsen und eine der ältesten Betriebe bundesweit ist.

Neben dem Eingang ist in eisernen Ziffern 1897 als Jahr der Betriebsgründung zu lesen.
Tradition ist Trumpf. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Viele Anekdoten

Als Susanne Röder im letzten Jahr das große Jubiläum mit ihrer Familie und ihren Mitarbeitern feierte, stellte sie eine kleine Ausstellung zusammen, in der die Geschichte des Betriebs vorgestellt wurde.

In früheren Zeiten gehörte noch der Imbiss »Wursteluffe« dazu, der inzwischen unter gleichem Namen und an gleicher Stelle wiedereröffnet hat – jedoch nicht von ihrer Familie geführt. Und das legendäre Restaurant »Gasthof zum Schimmel«, der zwischen dem Gourmetmarkt und der Wursteluffe lag.

Es gibt unzählige Familienanekdoten, von denen Susanne Röder berichten kann. Da sind die Späße, für die ihr Urahn Heinrich Röber bekannt war. Er wanderte aus Salzgitter-Thiede nach Wolfenbüttel ein und musste damals noch eingebürgert werden. Da sind die Geschichten um den Dichter Wilhelm Busch. Er war nicht nur Kunde bei »Gourmetmarkt Röber«, sondern schrieb für eine Hochzeit exklusiv für die Familie sogar ein Gedicht.

Und schließlich drei Kriege, die der Betrieb und die Menschen in der Stadt überstehen mussten. »In den schweren Zeiten – auch nach dem Tod meines Vaters – waren es die Frauen, die den Betrieb am Laufen hielten«, schildert mir Susanne Röder.

Im Verkaufsraum hängt eine Bildergalerie der Ahnen, die beim Tagesgeschäft zuschauen.
Die Ahnen schauen auch beim Tagesgeschäft zu. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Lebensstationen und Erfahrungen

Als Susanne Röder den Betrieb allein übernahm, trifft sie eine Entscheidung. »Eine klassische Fleischerei, das war mir sehr schnell klar, wird es in der Zukunft schwer haben. Deshalb sollte aus dem Betrieb ein Gourmetmarkt werden«, erklärt die gelernte Köchin. Nach der Schule und ihrer Lehre in Bad Harzburg kehrte die junge Frau der Heimat und dem Betrieb erst mal den Rücken.  Es verschlug sie, der Liebe wegen, bis in den Schwarzwald. Hier sammelte sie ihre gastronomischen Erfahrungen und selbst ein Restaurant leiten. »Aus einem verstaubten Gasthof durfte ich damals ein moderneres Lokal machen. Das war für eine Frau aus Norddeutschland im tiefsten Schwarzwald gar nicht so einfach. Da musste ich erst mal akzeptiert werden«, erinnert sie sich. Wer die energische Frau aber kennt, weiß von ihrem starken Willen. Als sie wieder nach Wolfenbüttel zurückkehrte um den Betrieb ihrer Familie zu übernehmen, war das nicht nur ein Geschenk, sondern auch eine Aufgabe.

Neue Wege

Auf der einen Seite sollte es nach wie vor das klassische Angebot einer Fleischerei geben. Dafür stellen zwei Gesellen im Betrieb Wurstwaren nach alten Familienrezepten her. Darüber hinaus sollte zukünftig ein Bedarf gedeckt werden, der sich durch gesellschaftliche Veränderungen ergibt. Als berufstätige Mutter weiß Susanne Röder, wovon sie redet: »Viele Menschen haben wenig Zeit zum Kochen. Damit es neben dem Massenangebot in den Supermärkten auch qualitativ hochwertige Gerichte gibt, bereiten wir hier in unserer Küche viele Dinge selbst zu«, erklärt sie mir. Da sind die Gläser mit Suppen, Braten, Gulasch oder Königsberger Klopse. Und schließlich gibt täglich ein wechselndes Menü. Hausmannskost oder italienische Klassiker – die Auswahl ist groß. Zu den Festtagen werden ganze Menüs vorgekocht. »Wer keine Lust hat essen zu gehen, aber trotzdem etwas ganz Besonderes wünscht, der ist bei uns richtig«, meint sie. Mit Prosecco, Wein und Dessert sichert der »Gourmetmarkt Röber« seinen Kunden eine kulinarische Rundumversorgung.

Frisch gekochte Gerichte in Gläsern stehen in den Regalen.
Leckereien aus der »Glasmanufaktur«. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Verwinkeltes Fachwerkwerkhaus

Während Susanne Röder mir ihre Geschichte erzählt und mir den Betrieb erklärt, entsteht unter ihren Händen eine Platte mit vielen Köstlichkeiten. Da werden Schinkenscheiben kunstvoll auf einem Bett von Rauke drapiert. Salami, Käse, Trauben, allerlei Käsesorten: Die Platte sieht aus wie ein Kunstwerk und hat mit dem, was ich mir abends auf den Teller zurecht lege nur wenig zu tun. Insofern wundert es mich nicht, welches Hobby sie mit großer Leidenschaft verfolgt. Nach unserem Gespräch zeigt sie mir die Wurstküche, in der Thomas Borchers gerade die frische Braunschweiger Mettwurst mit geschickter Hand in den Wurstdarm füllt. Im Vorraum hängt ein altes Wandtelefon, das sicher schon seit mehreren Generationen hier hängt. Über eine knarrende Treppe gelangen wir in die alte Wohnung, in der Susanne Röder mit ihren Geschwistern aufgewachsen ist. Auf dem Boden des alten Fachwerkhauses steht eine alte Waage, auf der Susanne Röder ihre Gewürzmischungen auswiegt. Schließlich geht es durch verwinkelte Flure und kleine Zimmer wieder in den vorderen Teil des Hauses, in ein Büro und kleinen Aufenthaltsraum. Dort stehen Leinwände mit allerlei Bildern auf dem Boden.

Das Malen

Wenn Susanne Röder nicht kocht oder Platten herrichtet und ausfährt oder mit ihrem Sohn durch die Asse »walkt« oder mit dem Chor der »Denkter Kulturschmiede« singt, dann malt sie. »Diese Leidenschaft hatte ich schon als Kind in der Schulzeit. Als Waldorfschülerin ist diese Neigung wohl auch gefördert worden«, erklärt sie. Auf die Leinwand kommt, meist mit Acrylfarben, was ihr durch den Kopf geht.

Das können witzige Cartoons sein, Landschaftsbilder, Stillleben oder Personen. Susanne Röder ist vorwitzig und malt mit einem kräftigen Pinselstrich lebensfrohe Bilder. Auch der Witz, den ich in unserer Unterhaltung immer wieder erlebe, bildet sich in ihren Gemälden ab. Diese sind nicht nur redliche Versuche einer Hobbymalerin, sondern Gemälde zum Aufhängen. Wir verabschieden uns, und Susanne Röder führt mich die Treppe wieder hinunter auf einen langen Flur hinter dem Verkaufsraum. Hier werden gerade frische Salate umgefüllt. Ihre Mutter, die noch im Betrieb hilft, hat Gläser etikettiert und trägt eine große Kiste nach hinten. Susanne Röder schimpft ein bisschen, wie Kinder mit ihren Müttern manchmal schimpfen, weil sie die Kiste allein schleppen will. Sie fasst sie unter, verabschiedet sich mit einem freundlichen Nicken und ist wieder im hinteren Teil des »Gourmetmarkt Röber« verschwunden.

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