Im l´Oliveto ist es eigentlich immer voll – egal ob draußen oder drinnen. Ein spontaner Platz ist schon ein kleiner Glückstreffer.
Nach dem Einkaufsbummel ist vor dem Essen
Was das Geheimnis des l’Olivetos ist, lässt sich gar nicht so leicht sagen. Es ist Donnerstag, kurz vor 18 Uhr und gar nicht die Zeit, zu der ich normalerweise Essen gehe. Aber die Einkäufe sind erledigt und im Auto verstaut. Ein Buch von Steuber wartet in der Tüte auf mich. Zwischen den Gängen kann ich vielleicht schon einmal reinlesen.
Denver und ich sind dieses Mal »getrennt«, wir haben einfach keinen Termin gefunden. Und statt des gemeinsamen Mahles tauschen wir uns wenigstens über Facetime aus. Denn ich muss ja mein Essen fotografieren, und ein Tipp von ihm lässt die Ergebnisse hoffentlich besser werden.
In der Markthalle
Am Eingang des Restaurants werden die Plätze zugewiesen. Immer wenn ich durch diese alte Holztür gehe, muss ich an das Café von Rupprecht denken, das früher in diesen Räumlichkeiten war – das war Kaffeehauskultur in der Lessingstadt. Im l’Oliveto erinnert innen nichts mehr an diese große Wolfenbütteler Konditorentradition.
Vielleicht ist die Atmosphäre das Geheimnis. Oliveto heißt Olivenhain. Ein Hain ist es nicht. Aber an eine Markthalle erinnert es mich schon. Zum ersten Mal bin ich allein hier und mein neues Buch liegt unberührt auf dem Nebenstuhl – eine Art Barhocker an einem der hohen Tische in der Mitte.
Die Atmosphäre aufnehmen
»Für einen Platz bekommen wir Sie auf jeden Fall unter«, verspricht die freundliche Servicekraft am Eingang und führt mich an den langen Tisch, an den sich im Laufe des Abends noch ein Paar gesellt. Es ist genug Platz für zwei Parteien und trotzdem ausreichend Raum, um sich nicht ins Gehege zu kommen.
Allein nehme ich die ganze Atmosphäre viel intensiver wahr. Hinter dem Tresen zur offenen Küche tummeln sich zwei Küchenkräfte. Den mit dem gelben Piratentuch um den Kopf, der mit flinken Händen die Pizzen belegt und für mich unsichtbar weiter küchentechnisch hantiert, mache ich zum Koch.
Das l’Oliveto ist ein kommunikativer Raum
»32, 32 ist fertig. 21…«, durch die Luft schwirren Zahlen. »Mein« Koch, der trotz der Hektik lächelt, grüßt auch noch Gäste im Vorbeigehen, bedient Selbstabholer, die sich ihren Antipastiteller abholen. Doreen vom Blütenzauber zum Beispiel, die seit einiger Zeit ja selbst ein schickes Café um die Ecke führt.
Das l’Oliveto ist ein kommunikativer Raum auch für »Alleinbesucher« wie mich. An den anderen Tischen sitzen Paare – ältere und jüngere –, Cliquen, Kollegen. Das ist ein buntes Gemisch, das in dieser Markthalle des Genusses im Herzen Wolfenbüttels angekommen ist.
Mehr als Pizza und Pasta
»Guten Appetit!«, ruft mir der Koch freundlich zu, noch bevor ich meine Gabel in die Rauke gepikst habe. Sie thront grün, frisch und üppig über dem Rinder-Carpaccio, garniert mit einer stattlichen Parmesanhaube. Dazu wird, wie sich das gehört, knuspriges Ciabatta serviert.
Ich genehmige mir zur Vorspeise einen perlenden Prosecco. Beim Blick in die Karte war mir schon aufgefallen: Das l’Oliveto ist viel mehr als Pizza und Pasta. Tolle Vorspeisen gibt es hier und auch drei Spezialitäten der italienischen Küche.
Piccata oder Involtini?
Die Involtini, leckere Kalbsröllchen mit Grillgemüse, sind leider schon aus. Aber ehrlich gesagt finde ich die schmale Zahl dieser kulinarischen Besonderheiten ausreichend. Und die Tatsache, dass etwas einmal nicht da ist, zeigt wenigstens, dass es frisch ist. Neben den Involtini gibt es Piccata Milanese und ein Lachsgericht.
Ich nehme die Piccata, die im l’Oliveto im Gegensatz zum Mailänder Original etwas variiert ist. Statt des Kalbfleisches gibt es Schweinefilet, das aber typisch dünngeschnitten wird. Darunter wartet eine Schicht Spaghetti mit einer feinen Tomatensauce. Die Servicekraft fragt, ob ich etwas frischen Parmesan dazu haben möchte.
Unkompliziert und fair
Ich möchte und genieße die Portion, die die richtige Größe nach der Vorspeise hat. Außerdem hatte ich ein bisschen Zeit, um die Blicke schweifen zu lassen, mich mit Doreen kurz zu unterhalten und doch in meinen neuen Krimi zu schauen. Der erste Absatz ist gut. Das lässt für das ganze Buch hoffen.
Zur Hauptspeise habe ich einen Rosé aus meinem Lieblingsurlaubsort, Bardolino, gewählt. Der ist so, wie er sein soll: frisch, erdbeerig und ganz leicht auf der Zunge moussierend. Vielleicht ist es das unkomplizierte, gute Essen zu einem fairen Preis, das das Geheimnis dieses auch an diesem Tag voll besetzten Restaurants ist.
Einfach und doch hochkomplex
Die italienische Küche ist, im Gegensatz zur französischen, eine Bauernküche, und dies im besten Sinne. Die Italiener haben es verstanden, aus den einfachsten Dingen, hochkomplexe kulinarische Freuden zu zaubern. Dazu gehört zum Beispiel eine feine Tomatensauce.
Aber auch das Pizza- und Pastaangebot, das ich bisher hier im l´Oliveto genossen habe, ist einfach nur gut. Warum essen Kinder so gerne Pizza oder Pasta? Wenn sie gut gemacht sind, schmecken sie lecker: Der knusprige Teig der Pizza, der zartschmelzende Käse mit seinem Umami-Wohlfühlgeschmack, die Tomaten, der reichhaltige Belag.
Ein Traum aus Löffelbiskuit und Mascarpone
Aber auch der Flammkuchen – etwa der mit Kürbis – ist vortrefflich. Und über Nudeln muss man sowieso nicht sprechen. Wer die nicht mag, dem ist kulinarisch kaum zu helfen. Die Pasta mit Gorgonzola-Sauce werde ich, das steht schon fest, das nächste Mal probieren. Leider muss man mengenmäßig irgendwann kapitulieren.
Bei der Nachspeise ist das jetzt nicht der Fall. Um den norditalienischen Dessertklassiker Tiramisu ranken sich viele Geschichten. Wörtlich übersetzt heißt dieser Traum aus Löffelbiskuit, und Mascarpone »Zieh mich hoch«. Das geschieht trotz der Tatsache, dass dieses schmucke Gläschen kalorisch reichhaltig ist.
Grappa und Espresso
Aber egal. Heute bin ich mit dem Fahrrad da. Die eine oder andere Kalorie kann ich also durchaus abtrainieren. Und bei Lichte betrachtet ist mir diese Frage auch gerade gleichgültig, denn dieses Dessert schmilzt auf der Zunge und ist gar nicht zu süß. Ein Traum.
Inzwischen sind schon wieder neue Gruppen gekommen, die die Tische im l’Oliveto bevölkern, die schon in neue, immer wieder kreisende Gespräche vertieft sind und die mit Andacht die Speisekarte studieren. Ich genehmige mir derweil einen Espresso und nippe gedankenversunken an meinem Grappa.
Das l’Oliveto – genießen
Was ist das Geheimnis des l’Oliveto? Auf jeden Fall der freundliche, umsichtige und schnelle Service, die tolle, mediterrane Atmosphäre. Am Ende ist das aber auch egal. Für Wolfenbüttel ist dieses Restaurant, das mehr als Systemgastronomie ist, ein echter Gewinn und ein Ort, an dem ich gern verweile, ein Ort zum Genießen und Entspannen.
Viel Geschmack auf zartem Rinderfilet. © Andreas Molau Pasta geht immer… © Andreas Molau Diesmal trafen wir uns über FaceTime… © Denver Künzer
Weitere Informationen über das Restaurant l’Oliveto
- Adresse: Lange Herzogstraße 44, 38300 Wolfenbüttel
- Telefon: 05331 – 8556055
- Facebook: facebook.com/lolivetowf/
- Instagram: instagram.com/loliveto_wolfenbuettel/
- Webseite: www.loliveto-wf.de
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