Skurrile Gestalten im Vorgarten des Geschäftes von Jürgen Kohnen bewegen sich im Wind. Ich bin mit dem Inhaber vom »Decohaus Kohnen« verabredet.

An dem Garten auf der Friedrich-Wilhelm-Straße 2c bin ich als Kind oft vorbei gekommen. Wo heute ein bunter Park von Figuren und Gestalten auf die Straße blickt, wohnte früher der bekannte Bildhauer Erich Schmidtbochum. Seine – eher düsteren – Skulpturen standen damals ebenfalls vor der alten Villa. Heute regieren dort aber Farbe und Form.
An den fantasievollen Tieren, Elfen und Zauberwesen gehe ich vorbei und gelange ich in das Decohaus.
Jürgen Kohnen – ein echter Wolfenbütteler

An einem Aufgang zur Treppe hängen Schilder mit Weisheiten, die das Leben erklären oder die einfach nur Spaß machen. Dazwischen gibt es allerlei Dekomaterial in allen Formen und Farben, Papier, Umschläge und Schreibbedarf.
Die Mischung im Kopierzentrum, das längst ein Treffpunkt für Hobbydekorateure ist, ist so bunt wie das Leben des Wolfenbütteler Urgesteins. »Ich habe ungefähr ein Jahr in Braunschweig gelebt. Aber danach ging es wieder zurück nach Wolfenbüttel. Hier bin ich zu Hause«, erklärt er mir fröhlich.
Jürgen Kohnen ist zwar nicht oft umgezogen, aber über einen Mangel an Abwechslung kann er sich trotzdem nicht beklagen.
Schule und Lehrzeit
Seine Schulzeit verbrachte er in der Lessingstadt und ging auf die Wallstraße, wo heute die IGS untergebracht ist. »Da war die Schule, dann kam die Lehre, die Bundeswehr, ein Job in der Kunststofffertigung und schließlich die Selbstständigkeit«, möchte er es kurz machen.

Meine Nachfrage zeigt aber, dass es doch viel spannender war. Seine Lehre absolvierte Jürgen Kohnen ganz in der Nähe von seinem jetzigen Arbeitsschwerpunkt.
Denn in der Bäckerei Trede lernte er als junger Mann die Kunst des Backens. Er stand früh auf und versorgte sein Revier mit frischen Brötchen und Brot.
Das machte er so lange, bis ihn der Bund einzog. Nach der Wehrzeit ging er erstmal wieder zurück in den Lehrberuf. Unter anderem in die, über die Grenzen der Stadt bekannte, Bäckerei und Konditorei Rupprecht.
Kunststoffteile statt Brot
»Dann setzte das Bäckereisterben ein«, erzählt mir Kohnen. Stellen wurden abgebaut und er musste sich neu orientieren. Aber Angst vor Neuem hatte er noch nie.
Zunächst fuhr er einige Jahre in Braunschweig und Wolfenbüttel Taxi – beziehungsweise Minicar. Aber entscheidend war ein Tipp, den er vom Arbeitsamt bekam: Er könne Kunststofffacharbeiter werden.

»Das war nun wirklich etwas ganz anderes. An den Gedanken musste ich mich erstmal gewöhnen« erinnert er sich. Dennoch ging er aufgeschlossen auf den neuen Job zu und fertigte über viele Jahre Kunststoffteile für den Busbau, Verschalungen und Weichschaum.
So hätte es weitergehen können. »Aber die Firma wurde verkauft und weiter verkauft, und die Situation wurde immer schwieriger«, so Kohnen.
Per Zufall zum Kopierzentrum
Da kam ihm der Zufall zu Hilfe. Jürgen Kohnen wohnte damals an der Trinitatis-Kirche über der heutigen Schuhsterei Janke von Emilia Rätscher (früher Schuhmacherei Schweitzer).
»Auf einem Hofflohmarkt lernte ich Bernd Weißmann kennen. Der Vater hatte ein Kopierzentrum in der Engen Straße. Das trug den Namen Copy Shoppy«, erzählt mir Kohnen.

Die Familie hatte nicht nur eine attraktive neue Wohnung in der Altstadt anzubieten, sondern brauchte auch jemanden, der in das Kopierzentrum einsteigt.
»Ich habe das also erstmal ein halbes Jahr nebenberuflich gemacht, um zu sehen, ob das überhaupt etwas für mich ist«, meint Kohnen. Die Chemie stimmte und die Arbeit machte ihm Spaß. Deshalb stieg er in das Geschäft ein und kündigte bei seinem Arbeitgeber.
Kohnen ließ sich in die Materie einarbeiten und übernahm im Jahr 2001 das Geschäft. Nun war er also selbstständig.
Ein Decohaus im Künstlerhaus
Als das Haus auf der Engen Straße verkauft werden sollte, zögerte Jürgen Kohnen lange. Sollte er es übernehmen? Das Haus musste renoviert werden. Außerdem standen in der Innenstadt viele Baustellen an. Das wäre ein schwieriger Start gewesen.
Da entdeckte er zufällig an der Villa des Künstlers Schmidtbochum ein Schild: »Zu Vermieten«. Das Gelände war nicht allzuweit von der Innenstadt entfernt und es hat Platz zum Parken.
Die neue Heimat für sein »Druck- und Kopierzentrum Kohnen« war gefunden. Das war im August 2009. Seitdem hat sich einiges geändert.
Natürlich kommen immer noch Studenten und lassen sich ihre Arbeit ausdrucken und binden. Oder die Menschen fotokopieren sich ihre Unterlagen für die Steuererklärung oder lassen sich Poster ausdrucken.

Mit einem Datenträger kommen seine Kunden vorbei und lassen sich Plakate bis DIN-A-0 in Farbe vervielfältigen. Diesen Service bietet Jürgen Kohnen auch noch im vollen Umfang an.
Veränderung ist wichtig
»Aber die Leute drucken heute viel selbst aus. Deshalb musste ich den veränderten Rahmenbedingungen Rechnungen tragen«, erklärt er die Situation.
Da kam die Idee mit Dekoartikeln als Zusatzangebot ganz recht. Alle zwei Jahre fährt er mit seiner Frau auf Messen und hat inzwischen richtig viel Übung darin, Trends zu erkennen und besondere Sachen mit nach Wolfenbüttel zu bringen.

Während wir uns unterhalten, versorgen sich mehrere Kunden mit einem opulenten Angebot an großen und kleinen Gegenständen, die das Leben schöner machen. »Ich bin immer auf der Suche nach Neuem«, freut sich Jürgen Kohnen.
Er zeigt mir draußen bei einem Gang durch seinen Kuriositätenpark die neuen Steingussfiguren, auf die er besonders stolz ist.
Viel Arbeit – ruhige Freizeit
Weil Jürgen Kohnen nichts auslässt, hat er auch gleich noch eine DHL-Station in seinem Laden untergebracht und nimmt Pakete an. Mit dem Paketboten gibt’s immer ein nettes Schwätzchen.

Dann kümmert er sich um einen Druckauftrag. Bei all der Arbeit freut sich Jürgen Kohnen mit seiner Frau, die ebenfalls berufstätig ist, auf den wohlverdienten Feierabend.
»Ich habe es da gern gemütlich«, zwinkert er mir zu. Ab und zu mal ins Kino gehen – besonders in Wolfenbüttels Traditionskino Filmpalast, bummeln in der Stadt oder einen ausgiebigen Spaziergang machen.

Mit dabei sind die Gedanken um den Betrieb, den Jürgen Kohnen mit Leib und Seele führt. »Ich muss immer am Ball bleiben, damit alles läuft. Aber das macht mir auch Spaß«, meint er.
Kunst bei Kohnen
Bei der Verabschiedung betrachten wir eine große Skulptur, die am Boden liegt. »Die ist zu schwer, ich bekomme sie nicht allein hoch«, meint er.

Dass ein so geschichtsträchtiger Ort in unserer Stadt so mit Leben erfüllt und weitergeführt wird, ist ein schöner Gedanke, der Emil Schmidtbochum sicher gefallen hätte. Ich verabschiede mich und sehe mich und bin mir sicher, hier gibt es für jeden Geschmack das Richtige!
Weitere Informationen zum »Decohaus Kohnen«
- Adresse: Krambuden 15, 38300 Wolfenbüttel
- Telefon:01590 4892450
- eMail: info@decohaus-kohnen.de
- Öffnungszeiten auf www.decohaus-kohnen.de