Hans-Joachim Veit und sein Team von Veit Hörgeräte Akustik.

»Hörgeräte-Veit« lässt von sich hören …

Heute besuche ich das engagierte Team von Hans-Joachim Veit bei »Hörgeräte-Veit« in Wolfenbüttel und erfahre, dass sich die negative Einstellung zu Hörgeräten häufig schon nach dem ersten neuen Hörerlebnis verändert.

Das Hörvermögen ist ein wertvoller Sinn des Menschen. Warum also, werden Hörgeräteakustiker eigentlich nicht so gern besucht? Viele Dinge sind selbstverständlich, so lange alles funktioniert. Mit der Gesundheit ist das so und mit dem Hören ganz besonders.

Während ich über die Lange Herzogstraße zu meinem Termin bei »Hörgeräte-Veit« laufe, achte ich intensiv auf alle Geräusche: ein kleines quietschendes Wagenrad plaudernde Passanten vor einem Schaufenster, die unverkennbare Spieluhr bei Juwelier Hungeling.

Das Team bei Veit berät alle Kunden mit Engagement.
Gut beraten in Sachen Hören. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Dabei frage ich mich, wie es sich anfühlen würde, nichts mehr zu hören? Oder nur bestimmte Geräusche zu hören? Würde ich das überhaupt merken?

Für mich wäre es beispielsweise ein großer Verlust, die Passagen des 5. Klavierkonzertes von Beethoven nicht mehr hören zu können. Wie hat wohl der Komponist gelitten, als er viele seiner eigenen Musikstücke nicht mehr hören konnte? In späten Jahren klemmte sich der taube Beethoven einen Holzstab zwischen die Zähne, um die Vibration seiner Musik zu spüren.

Ich bin mir sicher, dass er gerne zu einem Hörgeräte-Akustiker gegangen wäre…

Wolfenbüttel und Basketball

Es ist 17 Uhr und die Okerstraße ist etwas ruhiger als die Wolfenbütteler Einkaufsmeile. Auch hier gibt es viele Fachgeschäfte und Cafés.

Das Geschäft von außen: Veit Hörgeräte Akustik.
Ein echter Familienbetrieb: Veit Hörgeräte Akustik. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Veit liegt dort, wo früher noch ein Okerarm durch die Stadt floss. Hier gibt es Ärzte, eine Apotheke, einige andere Geschäfte und eben den Eckladen für alle, denen das Gehör langsam abhandenkommt.

Ich sitze gemeinsam mit dem Senior Chef Hans-Joachim Veit, Stephanie Bajohr, der Meisterin, und Martin Veit, dem Sohn des Firmengründers, in einem Büro. Stephanie Bajohr und Martin Veit kümmern sich um die Wolfenbütteler Filiale des Betriebes, den Hans-Joachim Veit 1982 in Braunschweig gegründet hat.

Veit ist Ur-Wolfenbütteler und den Sportbegeisterten weniger als Hörgeräteakustiker bekannt, sondern als »Mister Basketball«. »Sport hat für mich immer eine besondere Bedeutung gehabt«, erzählt mir Hans-Joachim Veit. Alles, was mit Bällen zu tun hat – ob mit dem Fuß oder mit der Hand zu spielen – habe ihm stets gelegen. Heute geht er mit Leidenschaft dem Golfsport nach.

Ausbildung und Studium

Hans-Joachim Veit ist ein erfolgreicher Unternehmer in Sachen »gutes Hören«– mit Verantwortung für insgesamt sechs Filialen.

Hans-Joachim Veit zeigt mir am Bildschirm die Hörbereiche.
Hans-Joachim Veit erklärt mir die Hörbereiche. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Daran war noch nicht zu denken, als er sein Abitur in der Großen Schule machte. Seit seinem 10. Lebensjahr spielte er in der Lessingstadt ziemlich erfolgreich Basketball. Nach der Schule folgte eine Ausbildung bei »Schmalbach-Lubeca« und seine Bundeswehrzeit. »Ich war immer sehr sportlich und verpflichtete mich für einige Jahre bei den Fallschirmjägern«, erinnert sich Veit.

Nach der Bundeswehr studierte er Betriebswirtschaft. Akademisches und praktisches Denken versuchte der junge Mann in Übereinstimmung zu bringen. »Da in Rosenheim ein Basketballspieler gesucht wurde war mir klar, wo ich studieren würde«, lächelt er. Die Hochschule sei für ihn kein Selbstzweck gewesen.

Über die Zukunft des Bildungssystems macht sich Veit heute noch intensive Gedanken.

Entwicklungsperspektiven ohne Studium

Er räumt ein, dass die akademische Bildung sehr wichtig sei. Aber darüber hinaus wurde in den letzten Jahren die Berufsausbildung zu wenig wertgeschätzt und vernachlässigt. »Wie sieht eine Gesellschaft aus, in der jeder studiert?«, fragt er mich.

Gerade die beruflichen Möglichkeiten des Hörgeräteakustikers zeigten, wie viel Potenzial in einer »klassischen« Ausbildung steckt. »Sie können sich in diesem Beruf als Meister sehr gut qualifizieren, haben einen anspruchsvollen und abwechslungsreichen Arbeitsplatz, von dem Sie gut leben können« wirbt er für seine Zunft.

Martin Veit hat Kopfhörer auf den Ohren, als er mir demonstriert, wie ein Hörtest funktioniert.
Martin Veit demonstriert, wie ein Hörtest funktioniert. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Stephanie Bajohr, die im Wolfenbütteler Geschäft seit 1992 tätig ist und Veits Sohn Martin, der hier ebenfalls bereits 15 Jahre arbeitet, nicken zustimmend. »Als Hörgeräteakustiker bin ich ein halber Psychologe«, erklärt mir der Junior lachend seinen Berufsalltag. Jeder Kunde habe unterschiedliche Bedürfnisse und sehr subjektive Wahrnehmungen, auf die er Rücksicht nehmen muss.

Stephanie Bajohr ergänzt: »Früher waren Hörgeräte noch ziemlich einfach aufgebaut. Heute sind das komplexe, computergesteuerte Prozessoren, die immer differenzierter werden.«

Generationenübergreifend

Dass es für den beruflichen Erfolg keinen akademischen Abschluss benötigt, zeigt Hans-Joachim Veit. Weil sein Onkel ihn in dessen Betrieb holte, musste er mit seinem Studium frühzeitig aufhören.

Zunächst interessierte ihn hauptsächlich der kaufmännische Aspekt. Dann entwickelte sich schnell auch das Interesse für die fachliche Seite des Betriebes. Hans-Joachim Veit stieg in den großen Hörgeräte-Filialisten ein und arbeitete sich Stück für Stück in das Thema ein.

Der Wartebereich bei Veit ist hell und freundlich eingerichtet.
Der Wartebereich bei Veit. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Ihn motivierte es schon damals, Verantwortung zu übernehmen und sich selbstständig zu machen. Als sich herausstellte, dass dies bei der ersten richtigen Station seines Berufslebens nicht möglich sein sollte, reichte er seine Kündigung ein und gründete sein eigenes Geschäft. »So genau hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommt«, räumt der Geschäftsmann in unserem Gespräch ein.

Dass sein Sohn heute mit in den väterlichen Betrieb eingestiegen ist, freut ihn. »Natürlich gibt es unterschiedliche Vorstellungen denn ich arbeite bereits mehr als dreißig Jahre in meinem Beruf«, stellt er ehrlich fest. Aber mit zunehmendem Lebensalter werde er kompromissbereiter und ruhiger.

Die Frage der Akzeptanz

Ich frage direkt nach: „Wie kommt es, dass das Hörgerät noch immer so eine schwierige Akzeptanz hat?“. Auch ich kenne Personen, die sich standhaft weigern, sich ein Hörgerät als Hilfsmittel anzuschaffen. Und das obwohl – im Gegensatz zu Brillen – die Krankenkassen Hörgeräte sogar in der Basisversion bezahlen.

Klein und schick und praktisch – so sieht ein modernes Hörgeräte-System mit Aufladestation bei Veit aus.
Klein und schick und praktisch – ein Hörgeräte-System mit Aufladestation. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Warum also die häufige Ablehnung? »Sie müssen sich vorstellen, dass das Hörgerät einige hundert Jahre weniger Tradition hat als die Brille. Da haben wir manches aufzuholen«, erklärt mir Hans-Joachim Veit die Situation. Frühere Geräte waren zudem standardisiert und sehr einfach, bestätigt der Seniorchef seine Hörgeräteakustik-Meisterin Stephanie Bajohr. Heute gibt es unzählige Möglichkeiten um ganz individuelle Hörwünsche zu erfüllen.

Individuelle Betreuung

»Wenn der Patient einen Hörtest gemacht hat und wir feststellen, dass etwas nicht in Ordnung ist, schicken wir ihn zum Ohrenarzt. Der schreibt ein Rezept und wir suchen anschließend das für den einzelnen Kunden passende Gerät aus«, erklärt Hans-Joachim Veit mir den Ablauf.

Der Blick ins Ohr erinnert an eine Endoskopie.
Keine Angst vor der Endoskopie. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Damit sei es aber nicht getan, meint er. Denn die Nachsorge, also die Einstellung des Gerätes, sei eine sehr zeitintensive und persönliche Angelegenheit. »Wir bessern so lange nach, bis der Kunde ganz zufrieden ist«, so Veit. Das bezeichnete der Juniorchef vorhin als psychologische Tätigkeit, ergänzt Stephanie Bajohr: »Zu uns kommen unterschiedliche Personen, mit unterschiedlicher Herkunft und Temperament. Ich habe immer das Ziel, dass jeder unser Geschäft mit einem Lächeln verlässt. Ob er nun Akademiker, Handwerker oder Landwirt ist.«

Dabei gebe es im Arbeitsalltag viele Anekdoten: heitere und anrührende. Hans-Joachim Veit berichtet schmunzelnd von einer älteren Kundin, die nur schwer zu einem Hörgerät zu überzeugen gewesen wäre. Nach vielen Sitzungen habe er ihr das fertige Gerät mitgegeben, aber vergessen, die Batterie einzusetzen. »Die Kundin kam nach ein paar Tagen und berichtete überzeugt, dass ihr Leben dank dem neuen (nicht funktionierenden) Hörgerät nun viel angenehmer ist«, plaudert Hans-Joachim Veit amüsiert.

Die Wiederentdeckung des Hörens

Sein Sohn erklärt mir die Situation: »Der Hörverlust passiert sehr schleichend. Der Kunde merkt gar nicht, wie seine Welt leiser wird. Und je länger er mit einer Hörhilfe wartet, umso lauter erscheint anschließend die Welt.«

Hören und Verstehen ist ein großer Unterschied. Wer schlecht oder falsch hört wird oft für dumm gehalten, obwohl die »Zentrale« einwandfrei arbeitet. Es ist übrigens auch erwiesen, dass als Nebeneffekt ein Hörsystem der Demenz vorbeugt.

Die Hörgeräte Akustikerin Stephanie Bajohr sitzt bei der Arbeit am Computer.
Die Hörgeräte Akustikerin Stephanie Bajohr bei der Arbeit. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Dass die Wiederentdeckung des Hörens aber auch sehr positiv erlebt wird, berichtet mir Stephanie Bajohr. Sie hat einen Kunden, der von Geburt an die hohen Töne nicht hören konnte. »Früher wurde das bei den Routineuntersuchungen bei Kindern nicht geprüft«, erklärt sie. Erst mit 50 konnte der Mann richtig hören. Nach der Einstellung des Hörgerätes sei er in den Laden gekommen und habe begeistert berichtet, dass er zum ersten Mal Vogelgezwitscher gehört habe.

Was wäre, wenn…

Solche und andere Erlebnisse motivierten für die Arbeit, stimmt Hans-Joachim Veit seiner Mitarbeiterin zu. »Wir verschaffen den Menschen Lebensqualität«, meint er.

Dass die Geräte dabei immer kleiner und leistungsstärker würden, trage viel dazu bei, dass sich die Akzeptanz erhöhe. »Ich sehe in der Entwicklung noch viel Spielraum nach oben. Wer weiß, vielleicht wird zukünftig das Musik hören über das Hörgerät möglich gemacht, oder Navigationsansagen oder sogar simultane Übersetzungen«, schwärmt er.

Was wäre – denke ich wieder – wenn der große Beethoven diese Möglichkeit gehabt hatte. Dem Erfinder des Metronoms, Menzel, widmete er für seinen kleinen Geniestreich die ersten Takte einer Sinfonie. Für Hörgeräteakustiker hätte er wahrscheinlich noch eine 10. Sinfonie geschrieben. Eine, die er hätte hören können…

Ich werde jedenfalls nach meinem Besuch bei »Hörgeräte-Veit« ein späteres Mal ohne Hemmschwelle das Geschäft betreten, wenn mich meine Freunde darauf aufmerksam machen, dass sie meinetwegen lauter reden müssen.

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Ein Gedanke zu “»Hörgeräte-Veit« lässt von sich hören …

  1. Ich plane derzeit mich mit Hörgeräten selbständig zu machen. In meinem Umfeld nutzen derzeit viele Leute selbstbewusst ein Hörgerät was mich dazu veranlasst hat dies als Idee nachzuverfolgen. Ihre Meinung und Ihr beschriebener Umgang mit Hörgeräten hat mir dabei sehr geholfen, vielen Dank!

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