Fertig gebackenes Brot

Bei den Brotverstehern: Brot BACK.KURS bei »Richter«

Als ich morgens ins Büro radele, ahne ich noch nicht, dass ich noch am selben Abend lerne, wie man Brot backt. Aber da ich für eine Kollegin einspringe, finde ich mich um 18 Uhr im BACK.KURS bei Richter wieder. Klar, habe ich mich auch vorher schon mal am Backen probiert, aber meist sind die Ergebnisse nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt habe. Später lerne ich, dass es viele Faktoren sind, die das Backergebnis beeinflussen und mein grundsätzlicher Ansatz in der Küche, Dinge „aus dem Handgelenk“ beziehungsweise „Pi mal Daumen“ zusammenzumischen und auf ein gutes Ergebnis zu hoffen, beim Brotbacken nicht immer funktioniert.

Richter ist ein Familienbetrieb aus Wolfenbüttel. © Björn Reckewell, Stadt Wolfenbüttel

Willkommen beim BACK.KURS

Ich bin früh dran, als ich am Abend das Holzofencafé in der Dr.–Heinrich–Jasper-Straße betrete. Hier kann man auch wunderbar frühstücken. Jetzt, kurz vor Ladenschluss ist es ruhig, es sind kaum noch Gäste da und auch die Regale mit den Backwaren werden ausgeräumt. Eine Mitarbeiterin weist mich in Richtung Backstube. Die ist, wenn man hereinkommt, auf der linken Seite. Direkt davor ist auch der Raum für die Backkurse. Durch große Fenster rundum kann man in den Gastraum auf der einen, und die Backstube auf der anderen Seite blicken. Mich erwartet ein langer, gedeckter Tisch und Bäcker- und Konditormeister Carsten Richter. Der findet es toll, bei den Backkursen selbst wieder in der Backstube zu stehen, das käme bei seiner Position als Geschäftsführer sonst etwas zu kurz. Unterstützt wird er von Till, der uns im Laufe des Abends mit kalten Getränken versorgt und dafür zuständig ist, dass unsere Backwaren nicht durcheinandergeraten.

Herzlich Willkommen zum heutigen BACK.KURS
Los geht’s. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Auf dem Tisch liegen schon unsere Unterlagen bereit: Ein Heft mit Infos zu den Zutaten und den Rezepten, die wir heute backen wollen. Außerdem bekommt jeder von uns eine „Brotversteher“-Schürze, damit es gleich losgehen kann. Kurz darauf sind auch die anderen Teilnehmer da – wir sind zu elft. Absolute Höchstgrenze, sagt Carsten Richter. Er warnt uns außerdem gleich vor, der Kurs gehe bis um halb elf, weil er so gerne rede. Und sobald er anfängt, ins Erzählen zu kommen, merke ich gleich, was er meint. Er berichtet ausführlich, aber voller Begeisterung und sehr interessant vom Bäckerhandwerk, der Entstehungsgeschichte seines Betriebs und seinen Zutaten. Zum Beispiel sein Mehl, das von einer Mühle am Harzrand kommt. Die Müllerin kennt er so gut, dass er sie nur beim Vornamen nennt. Es ist spannend zuzuhören, wo seine Rohstoffe herkommen und welch großen Wert er auf Regionalität legt.

»Beim Backen muss man experimentieren!«

Ist eines seiner Mottos. Immer wieder entwickeln er und seine Bäcker neue Brote und Gebäck. Eine dieser neuen Kreationen dürfen wir später kosten.

Carsten Richter erklärt die Zutaten
Carsten Richter erklärt die Zutaten. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Die Zutaten für unsere Brote wurden vorab in den passenden Mengen in großen Schüsseln schon abgewogen, damit nichts schiefgehen kann. Carsten Richter erklärt uns trotzdem die einzelnen Komponenten, bevor es damit in die Rührmaschine geht. Ich weiß zwar, dass man zum Backen Sauerteig ansetzt, aber von Vorteig habe ich noch nie gehört. Gut, dass ich heute hier bin.

Brotteig auf der Waage
450 Gramm sollen es sein. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Vom fertigen Teig dürfen wir uns unser Stück selbst abwiegen. Der Bäckermeister zeigt uns, wie man als Bäcker die Brote knetet und formt, damit es vor dem Backen die richtige Spannung bekommt. Da das normalerweise wochenlange Übung erfordert, um den richtigen Dreh rauszukriegen, zeigt er uns auch eine einfache Variante. So bekommen auch unsere Brote die richtige Form, ohne dass wir eine Bäckerlehre machen müssen. Das machen wir erst mit einem Bauernbrot, das eine runde Form bekommt. Roh sieht es ein bisschen aus wie ein Germknödel und ist auch nicht wirklich größer. Der „Knödel“ kommt in einen runden Gärkorb und Till beschriftet ihn mit meinem Namen. Damit hinterher niemand schummeln könne, wenn mal eins nicht so gelungen aussieht. Diese Sorge stellt sich als unbegründet heraus, alle fertigen Brote sehen aus, wie vom Profi gebacken.

Garkörbe im Regal
In den Garkörben kann das Brot richtig aufgehen. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Der Profi nimmt sich viel Zeit für alle Fragen, die bei uns Anfängern so auftauchen. Egal ob diese von zuhause mitgebracht wurden oder hier beim Backen entstehen. Anschließend probieren wir uns an einem Herzog-August-Brot mit Sauerteig. Da funktioniert es ähnlich, aber das Brot wird länglicher und auch dazu gibt es die passenden Gärkörbe.

Brote vor dem Backofen
Die Brote kommen jetzt in den Ofen. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Beide Brote müssen nun etwas gehen, und wir machen uns an den Hefezopf. Jeder von uns bekommt diesmal die Aufgabe, sich gleich zwei Teigstücke abzuwiegen. Zunächst flechten wir einen dreisträngigen Zopf. Das ist noch einfach, genauso mache ich es ja auch, wenn ich mir die Haare flechte. Der viersträngige Zopf sei aber für das Gebäck der bessere, weil es dann nicht so flach wird. Außerdem sieht es natürlich imposanter aus, ist aber eindeutig komplizierter.

„Immer beide Hände am Zopf“, höre ich mehrmals, als es ans Flechten geht. Ein bisschen wie in der Fahrschule „beide Hände ans Lenkrad“, denke ich. Ich schummele etwas, um meinen Flechterfolg zwischendurch im Foto festzuhalten. Das rächt sich prompt. Welcher Strang muss jetzt in welche Richtung gelegt werden? Wer sich, wie ich, dabei etwas verheddert, wird von Carsten Richter unterstützt. Immer wieder wiederholt er das Mantra „Links oben, rechts unten – rechts unter links“. Das klingt erst verwirrend, aber es erklärt, wann wo welche Hand beim viersträngig geflochtenen Zopf sein muss.

Till nimmt uns die fertig geflochtenen Zöpfe ab, legt sie aufs Blech. Auch sie müssen nun erst mal in die Gärkammer.

Backen macht hungrig

Brot mit Bärlauch-Aufstrich
Auch der Bärlauch-Aufstrich ist sehr lecker. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Es ist Zeit, um uns etwas zu stärken. Vorbereitet ist frisches Brot, dabei auch das neue Dinkel-Chia-Quark Brot. Außerdem gibt es die Richter-Klassiker Grobian, Kürbisknacker und das Heidebrot. Dazu gibt es verschiedene Aufstriche. Kichererbse-Erdnussbutter klingt interessant, finde ich. Wir haben schon einige Brote verputzt, da zaubert Herr Richter noch etwas aus dem Ofen: überbackenes Wurzelbrot. Alles ist richtig lecker, da sind wir uns einig.

Überbackene Brote
Eine kleine Stärkung zwischendurch. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Tour durch das Backhaus

Als wir fertig mit Essen sind, nimmt er uns mit auf eine Tour durch sein Backhaus. Das ist größer, als man es von außen vermuten mag. Immer kommt hinter der nächsten Ecke noch etwas Neues. Wir waren auch im Kühlraum bei -18°C. Ganz schön frisch, ich habe noch mein T-Shirt an, schließlich war es in der Backstube schön warm. Tiefgefroren liegen dort die Backwaren für den nächsten Tag. Schon ein bisschen komisch, die Laugenkastanien so zu sehen, gar nicht rund, sondern zylinderförmig.

Tiefgefrorene Laugenkastanien
Noch sind die Laugenkastanien gar nicht rund. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Wir betrachten außerdem die Maschine, die die Abendbrötchen formt. Bevor eine neue Maschine angeschafft würde, werde genau geschaut, ob diese zum Betrieb und den Anforderungen passe. Zwischendurch piepst es, die Zöpfe müssen aus dem Ofen geholt werden. Carsten Richter sprintet los, wir schauen uns verhalten etwas um. „Backstube“ klingt so gemütlich, dabei ist alles modern, hell – und weitläufig. Immer wieder wurde angebaut, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Die Uhr an der Wand zeigt, dass es schon 22 Uhr ist. Zu dieser Zeit erwacht die Backstube bereits wieder zum Leben, zwei Teigmeister beginnen mit ihrer Arbeit, die Teige für all die Backwaren in großen Schüsseln vorzubereiten.

»Was ich nicht selbst herstellen kann, will ich auch nicht verkaufen.«

Industrielle Tiefkühlteiglinge kommen bei ihm nicht in den Ofen. Die Teiglinge für alle Brötchen werden hier im Backhaus hergestellt und an die Filialen geliefert.

Carsten Richter hält einen Teigling
Dieser Teigling wird am nächsten Tag ein Altstadtbrötchen. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Im weiteren Verlauf unserer Tour bestaunen wir die riesigen Silos, in denen das Mehl gelagert wird, und die Konditorei. Zu guter Letzt werfen wir noch einen Blick in den Holzofen, der gerade angeht, um zur richtigen Zeit auf Temperatur zu sein. Alles automatisch, und dank Holzpellets falle auch nur ein Kilo Asche am Tag an. Kaum zu glauben, bei der Größe des Ofens.

Ein Blick in den Holzofen.
Ein Blick in den Holzofen. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Die fertig gebackenen Ergebnisse unseres Backkurses dürfen wir mit nach Hause nehmen. Am liebsten würde ich gleich davon probieren, so lecker riecht es nach frischem Brot. Damit wir unser erworbenes Wissen auch umsetzen können, gibt es auch für jeden Teilnehmer eine Tüte mit allen Zutaten für ein Brot. Die Anleitung dazu steht im Rezeptheft, dass wir am Anfang bekommen haben. Darin steht auch eine Mailadresse. Falls es mal nicht so klappt, kann man direkt beim Bäckermeister nach Tipps fragen. „Manche Teilnehmer schicken mir auch Bilder ihrer ersten selbstgebackenen Brote“, erzählt Carsten Richter. Ich bin schon gespannt, ob es dann bei mir auch funktioniert. Sobald ich es probiert habe, werde ich euch hier vom Ergebnis berichten.

Hefezöpfe frisch aus dem Ofen
Daumen hoch für frisch gebackene Hefezöpfe. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

Am nächsten Morgen frühstücken wir die Hefezöpfe, die ich gebacken habe und ich präsentiere stolz mein Flechtwerk. Auch unser Besuch ist begeistert. Von dem frischgebackenen Brot müssen wir einen Teil einfrieren, das schaffen wir sonst zu zweit gar nicht. Aber so kann ich mich jedes Mal, wenn ich ein Stück auftaue, an den schönen Abend erinnern.

Wenn Du jetzt auch Lust bekommen hast, an einem Backkurs teilzunehmen, findest Du die nächsten – schon sehr gut gebuchten – Termine hier: Brotversteher.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert