Viele Wege führen nach Rom…

… so auch der Pilgerweg Via Romea Germanica direkt vor meiner Haustür. Der Pilgerweg startet in Stade und sein Ziel ist die ewige Stadt Rom. Ein Zwischenziel ist Wolfenbüttel, wo ich heute starte.

Es muss nicht immer der Jakobsweg sein oder ein anderer festgelegter Weg. Pilgern geht auch ohne eine feste Wegeführung aber ein Ziel sollte man haben, sowohl in der Strecke als auch in der mentalen Fragestellung.

Startpunkt meines Pilgerwergs ist die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel

Warum Pilgern?

Ich bin letztes Jahr zum Pilgern gekommen. Zuvor war ich eher in Sachen Radwandern oder Bergwanderung unterwegs. Es wird oft die Frage gestellt, was ist der Unterschied zwischen Spazierengehen, Wandern und Pilgern.  Das zu erklären ist recht theoretisch und schwierig zu transportieren, um es zu begreifen, muss man es selbst erfahren. Für mich ist es wichtig, um den Spirit beim Pilgern zu spüren, den Weg allein zu gehen, eins mit der Natur und meinen Gedanken.

Idyllische Momente zum Innehalten

Die meisten Menschen kommen zum Pilgern, weil sie etwas verarbeiten möchten, Krankheit, Verlust oder eine Disbalance im Leben.  Es können einen aber auch weniger dramatische Gründe auf den Weg führen. Beim Pilgern kommen viele Gedanken hoch. Auch gewisse Fragen und wenn man Glück hat, findet man die Antworten auf dem Weg oder am Wegesrand. 

Mein Pilgerweg: Die Via Romea Germanica

Bei mir ist der Grund eine berufliche Veränderung. Ich möchte noch mal zurückblicken und auch einiges zurücklassen, um frisch und frei nach vorne zu schauen. Bevor ich mich auf den eigentlichen und populären Jakobsweg mache, will ich gern vor der Haustür eine Generalprobe-Pilgerung absolvieren. Dafür bietet sich der Via Romea Germanica an, der auch durch Wolfenbüttel führt. Dieser Pilgerpfad ist seit dem Jahr 2020 Europäische Kulturroute und steht für Offenheit, Toleranz und Respekt und folgt den Fußstapfen von Abt Albert von Stade auf seinem Weg nach Rom.

Pilgern ab Wolfenbüttel

Von meiner Haustür aus nehme ich den kurzen Weg zum Start zur Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in die Innenstadt von Wolfenbüttel zum Warmlaufen und, um mich mit dem 10 kg schweren Rucksack anzufreunden. Mein Ziel ist Hornburg. Für den ersten Tag knapp 30 km zu bewerkstelligen ist schon ein hehres Ziel.  Es ist noch früh am Morgen und die Stadt rund um die Kirche macht einen friedlichen, fast verschlafenen Eindruck, noch einmal durchatmen und los geht’s. Die Strecke aus der Stadt führt am Stadtgraben entlang und dann über eine kleine Holzbrücke weiter entlang der Oker. Links ein Wohngebiet rechts Natur und der Flusslauf der Oker, zwischendurch eine Koppel mit Pferden, ein sanfter Ausstieg aus der urbanen Zivilisation.

Von weitem sieht man das Rittergut Halchter

Von weitem sieht man das Rittergut Halchter. Es sind nur wenige Spaziergänger oder Gassigeher unterwegs. Langsam kommt ein Gefühl von Freiheit und Abenteuerlust in mir auf. Alles was ich brauche habe ich auf meinem Rücken und ich bestimme, wie ich den Weg jetzt gehe in meinem eigenen Rhythmus.  Ein Lächeln huscht in mein Gesicht und die ersten Glückgefühle lassen den Rucksack auch leichter werden. Lange Feldwege begleitet von der Oker führen mich einsam aus der Stadt hinaus.

Eins mit dem Weg und der Natur

Mein Weg führt mich auch an dem Segelflugplatz Große Wiese vorbei. Einige aktive Segelflieger bereiten sich gerade auf einen Rundflug vor. Ich überlege kurz zu fragen, ob es die Möglichkeit gibt mitzufliegen… aber ich habe noch einen langen Weg vor mir und keine Ahnung wie ich zeitlich an mein Ziel komme. Vielleicht beim nächsten Mal.

Segelflugplatz Große Wiese

Weiter geht es Richtung Neindorf, ein kleines Dorf mit einem Rittergut, an dem man vorbeikommt. Von da aus geht es bergauf nach Kissenbrück, meine Beine und Füße fühlen sich noch gut an und mich erwartet eine Kaffeepause bei einer zukünftigen Kollegin. Gestärkt und nach einem kleinen Plausch mache ich mich auf den zweiten Teil meiner Reise, wieder in die Einsamkeit in die Natur.

Der Weg ist das Ziel

Die fromme Johanna im Park von Schloss Hedwigsburg

Am Rittergut Kissenbrück vorbei in den Park von Schloss Hedwigsburg treffe ich die Fromme Johanna und ihrem Begleiter aus Stein. Die Begegnung war nicht ganz so kommunikativ aber trotzdem schön.

Viel üppige Natur, wo man hinschaut im Nördlichen Harzvorland

Nach dem Park geht es über große Auenwiesen mit einem blühenden Vorharz. Bei der Querung einer Eisenbahnlinie habe ich brav die Klingel gedrückt um mal wieder eine menschliche Stimme zu hören ;-). Nach einem netten Gespräch und circa 10 Minuten später bis der Zug vorbeigefahren ist, öffnet sich die Schranke und ich bestätige noch, dass ich sicher über die Gleise gekommen bin.

Und wieder kam ich an die Oker, die mich auf den langen und wenig abwechslungsreichen Weg nach Börßum begleiten wird. Ein kurzer Blick nach Dorstadt mit einem weiteren Rittergut und dann tapfer weiter. Diese Wege, die schier unendlich erscheinen, wenn man an deren Anfang steht, lassen einen schon etwas verzweifeln. Kein Ende in Sicht, kein Schatten der vor der Sonne schützt … aber genau das sind die Wege, die einen in seine Gedanken fallen lassen und in eine Art Meditation bringen. Keine Ablenkung vom Weg nur Du und Deine Gedanken.

In Börßum angekommen nach 20 km und 100 % Sonnenschein merke ich schon eine kleine Erschöpfung. Zum Glück hat der Grieche an der Hauptstraße geöffnet, bei dem ich mir eine kühle Cola und einen kleinen Salat gönne.

Bald geschafft, das Ziel kommt näher

Die Aussicht auf ein kühles Bier

Endspurt! Nur noch 6 km! Aber auch die können sich ziehen. Wieder lange Wege mit wenig Abwechslung und mir ist gerade nicht mehr nach „Meditation“. Jetzt heißt es nur noch Durchhalten und sich auf ein kühles Bier in der Herberge freuen, das hält mich aufrecht. Bei meinem Einlauf in Hornburg merke ich meine Füße, Beine und den doch mittlerweile schweren Rucksack. Das Gefühl angekommen zu sein ist aber so schön und lässt allen Schmerz vergessen.

Mein Herbergsvater und auch guter Freund von mir, begrüßt mich mit einem kühlen Bier – welches ich vorher über Whatsapp bestellt habe :-). Gleich geht es zum Italiener im Ort zusammen mit seiner Familie und einer Nachbarin. Ein so schöner geselliger Abend nach all der Ruhe und Einsamkeit am Tag. Die Nachbarin zeigt mir noch ihr Haus von innen. Natürlich ein Fachwerkhaus – was sonst in Hornburg – direkt an die Burg gebaut, was an eine gemütliche und verwinkelte Puppenstube erinnert.

Via Romea – Weg der Begegnung – wie wahr!

Pilgern macht süchtig

Gut ausgeschlafen und wieder voller Tatendrang mache ich mich nach einem opulenten Frühstück auf meine 2. Etappe. Mal sehen wem oder was ich heute so begegne.

Die erste Stärkung für den zweiten Tag

Es ist bekannt pilgern macht süchtig und das kann ich auch nur bestätigen. Gern würde ich die ganze VIA Romea in Etappen erkunden und dann auch eine Übernachtung im Jugendgästehaus in Wolfenbüttel einplanen und meine Heimatstadt mal als „Tourist“ erkunden.

Kleiner Tipp am Rande: Wenn ihr durch Wolfenbüttel reist, auf welchem Weg auch immer, könnt ihr innerhalb der Öffnungszeiten der Tourist-Information eure Wasserreserven auffüllen.

Mehr Informationen zur Via Romea: VIA ROMEA – Weg der Begegnungen

4 Gedanken zu “Viele Wege führen nach Rom…

  1. Hallo, kann es sein, dass du eine andere Route gegangen bist als auf der Via Romea Seite angezeigt wird? Dort geht die Route so viel über die Straßen und im Beitrag klingt es als wärst du direkt an der Oker gelaufen (gerade nach Halchter)? Kannst du da nochmal deine alternative Route zeigen?

    1. Hallo Anne, ich bin auch im Verein der ViaRomea aktiv und habe den Weg aus Wolfenbüttel, vor kurzem noch mal neu getrackt. Die Strecke wird in den nächsten Tagen auf der Seite angepasst und im Frühjahr auch dementsprechend ausgeschildert.
      Meine Tour von Wolfenbüttel nach Hornburg gebe ich dir gern als Link aus Komoot. Ab Kissenbrück bin ich weiter an der Oker lang und nicht die Via Romea über Bornum nach Börßum.
      https://www.komoot.de/tour/561481306?share_token=aeWEEyRw3HeeSdaDqGNej6GXOM5SG0S6vYlSVurbFzWLOt8kjR&ref=wtd.

      Hoffe ich konnte dir damit weiterhelfen.
      Liebe Grüße Nicole

  2. Hallo Anne und Nicole,
    Bin seit September 2020
    In der Etappe nach Rom, ab Stade , nun bin ich schon in Klausen/ Südtirol. Bezug auf die Wegbeschreibung und Markierung, bin nach dem Text der Seite Via Romea , gefolgt, WF bis Hornburg, über Kissenbrück , auf der Ostseite der Oker geblieben, Bornum, dann Richtung Hornburg . Karten Ausschnitte mit Wegbeschreibung über Outdooractive. Auf dem Weg habe ich immer vorher Wegbeschreibung vom Verein Via Romea mit
    Kartenausschnitt und dort sichtbaren Wegverlaufes verglichen.
    Auf einigen Strecken durch Deutschland gibt es aber erhebliche Abweichungen. Habe im Kommentar bei Outdooractive Notizen hingelegt.
    Auch die Ausschilderung ist noch in den Kinderschuhen, aber bei einer so jungen Route ist es nicht tragisch. Ich habe durch die Unterstützung von Jens Friedrich/ Wernigerode Tourist Aufkleber erhalten womit ich den Weg soweit der Vorrat reichte die Symbole der Route geklebt damit Zukünftige Pilger die Weges Kennung erleichtert wird .
    Alfred Richte , Bornum am Elm

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert