Lebendiger Kulturort – Gärtnergeschichte neu aufgelegt

Bei strahlendem Sonnenschein führt mich heute mein Weg zum Gärtnermuseum. Der Verein hat zum Erdbeertag eingeladen, da möchte ich mir doch mal anschauen, was die engagierten Mitglieder auf die Beine gestellt haben.

Aus der Erde

Seit meinem letzten Besuch und meinem letzten Bericht über das Gärtnermuseum hat sich viel verändert. Optisch fällt schon von weitem das große, grüne Schild „Gärtnermuseum Wolfenbüttel“ ins Auge, gestaltet mit dem neuen Logo. Im Logo befindet sich eine Pflanze und eine Stake (aufgepasst, diese taucht in meinem Bericht immer wieder auf – hier zeichnet sich ein ausgefeiltes Museumskonzept ab) und soll entsprechend der Gärtnertradition „aus der Erde“ symbolisieren. Angekommen, öffnet gerade Christian Hogrefe das Eingangstor und begrüßt mich freundlich.

Ich habe noch ein wenig Zeit, mich auf dem Gelände umzuschauen, bevor meine Verabredung mit Andreas Meißler beginnt. Stehtische laden heute zum Verweilen ein, es gibt einen Verkaufsstand mit feldfrischen Erdbeeren aus Salzdahlum und in der Küche bereiten die Vorstandsdamen des Gärtnermuseums noch Kaffee vor. Selbstgebackener Kuchen gehört natürlich auch dazu. Die Vielfalt der unterschiedlichsten Erdbeerkuchen beeindruckt mich. In der Küche herrscht gute Stimmung und der erste Gast, der um kurz nach 11 Uhr kommt, bestellt sich gleich einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Die Damen fragen nach kurzer Zeit nach, ob alles in Ordnung ist und ob der Kuchen schmeckt. Das Feedback des Gastes ist ausgesprochen positiv: „Schmeckt super!“.

Andreas Meißler ist angekommen, nimmt sich gleich Zeit für mich und berichtet ausführlich über die Veränderungen rund um das Gärtnermuseum, und das sind zahlreiche. Die Mitglieder haben die „ruhigen“ Jahre seit 2016 genutzt, um das Erscheinungsbild des Gärtnermuseums zu modernisieren. Anhand eines neuen Museumskonzeptes wurde der komplette Auftritt vollständig überarbeitet, modernisiert und einheitlich durchdacht. Neben dem neuen Logo gibt es einen frischen Internetauftritt und der Verein berichtet auch regelmäßig auf Facebook. Die Ehrenamtlichen bieten zusätzlich virtuelle Führungen auf YouTube an, hier kann sich der interessierte Besucher schon im Vorfeld „Appetit“ auf das Gärtnermuseum holen.

Neu und frisch

Wir beginnen unseren Rundgang durch die neu gestaltete Ausstellung. Im Hauptgebäude ist dies eine Dauerausstellung. Was mir sofort auffällt ist, dass die Informationen kompakt und schlank gehalten sind. Gerade dieser Minimalismus ist auch gewünscht, berichtet Andreas Meißler. Vor allem, wenn Gruppen durch die Räume geführt werden, benötigen diese ausreichend Platz. Das Gärtnermuseum setzt auf wenig Exponate mit allgemein verständlichen Texten. Und tatsächlich lädt es ein, die kurz gehaltenen Texte zu lesen.

Das neue Ausstellungsformat besteht aus verschiedenen Einheiten. Zum einen gibt es jetzt Hörstationen. Professionelle Schauspieler stellen fiktive und reale Persönlichkeiten dar. Auch hier liegt die Würze in der Kürze, die Beiträge sind zwei bis drei Minuten lang. An den Wänden befinden sich Lochbleche. Dort sind die Raumtexte angebracht. Der Vorteil: Die Tafeln mit den Texten sind schnell austauschbar und können flexibel eingesetzt werden. Übrigens gibt es über 100 verschiedene Texte im ganzen Haus zu entdecken. Das ist schon eine ganze Menge.

Bereits im Außenbereich sind mir die Staken aufgefallen. Dieses Element ist auch in der Ausstellung zu finden (und im Logo). Hier werden die Texttafeln flexibel aufgesteckt und können schnell ausgetauscht werden. Die Stake ist natürlich das Symbol der Gärtner – wie schon erwähnt, alles gut durchdacht.

Andreas Meißler zeigt mir den Ballottement-Kasten. Mit diesem wurden früher Abstimmungen durchgeführt. Die Vitrinen in den Ausstellungsräumen sind alle neu. Bunte Filzstücke schützen die Exponate vor der Sonneneinstrahlung. Ein Bummel durch die verschiedenen Räume lohnt sich. Hier könnt ihr auf Entdeckungsreise gehen und euch auf Spurensuche über die Geschichte der Gärtner begeben.

Gemüse nach Berlin

In der Remise geht es um das Thema „Handel und Vermarktung“. Hier steht der original Federwagen mit dem früher Verkaufsfahrten bis in den Harz gemacht wurden. Das Gemüse aus Wolfenbüttel war sehr begehrt und wurde sogar bis nach Berlin geliefert. Wie ich erfahre, war auch der Wolfenbütteler Spargel sehr nachgefragt. Zu den Abnehmern gehörten sogar Berliner Nobelhotels. Auch hier haben sie die Ausstellung modernisiert, an den Wänden hängen iPads. Vorstandsmitglied Elisabeth Schwieger stellte Arbeiten mit den historischen Geräten nach. Diese wurden szenografisch umgesetzt und werden nun auf den iPads abgespielt.

In der Pferdebox gibt es unterschiedliche Pflüge zu sehen. Diese Ausstellungsstücke sind vor allem für die zahlreichen Veranstaltungen mit Kindergartenkindern und Schulklassen interessant. Hier sehe ich, wie mit den Geräten früher gearbeitet wurde. Die jungen Besucher dürfen die historischen Geräte auch in die Hand nehmen, Wäsche in der historischen Miele-Waschmaschine waschen und die Waschbretter ausprobieren. Danach wird der heutige Luxus bestimmt sehr geschätzt, denn was die Gärtnerfamilien früher körperlich an Schwerstarbeit leisten mussten, wird in der lebendigen Ausstellung an vielen Beispielen deutlich.

Über eine Holztreppe geht es nach oben. Auch dieser obere Raum ist sehr flexibel gehalten. Hier finden wechselnde Ausstellungen statt. Heute ist die Ausstellung „Wolfenbüttel, die Gemüsekammer des Herzogtums, Spurensuche in alten Karten“ zu sehen. Auch hier erhalte ich eine umfassende Erläuterung von Andreas Meißler.

Spurensuche in alten Karten (c) Stadt Wolfenbüttel, Dagmar Steffenhagen

Im Außengelände fällt das Ergebnis der Kooperation mit der Lebenshilfe Wolfenbüttel gleich ins Auge: Die Mitarbeiter haben eine neue Sandsteinmauer gebaut. Rund um das Haus sind viele Schaubeete angelegt. Hier dürfen vor allem Kinder gärtnern und ernten. Ein selbstgemachtes Kräutersalz oder das Butterbrot mit den selbstgepflückten Kräutern schmeckt natürlich und wird in der Gemeinschaft gleich verputzt. Auch hier finden sich die Staken wieder, mit kurzen Hinweistexten und flexibel einsteckbar.

Außengelände Gärtnermuseum (c) Stadt Wolfenbüttel, Dagmar Steffenhagen

Die Marke des Museums ist der Streckhof. Und wie mir Andreas Meißler erläutert, besteht ein Streckhof aus einem Wohnhaus, einem Wirtschaftsbereich und einem Stall – alles in einer Flucht. Der Streckhof ist straßenseitig ausgerichtet und mit dem Fuhrwerk kann um den Hof herumgefahren werden. Das Wolfenbütteler Gärtnermuseum hat ein Alleinstellungsmerkmal, ein Museum dieser Art ist in Deutschland kaum zu finden.

Unter der Oberfläche

In dem Haus am Neuen Weg, welches am 20. Juli 1800 erbaut wurde, ist durch das hohe Engagement des Gärtnervereins viel Leben eingezogen. Der Verein bietet regelmäßig Veranstaltungen und Vorträge an. Die Mitglieder wünschen sich ein offenes Haus und sind viele Kooperationen eingegangen – zum Beispiel mit der Museumspädagogin aus dem Museum Wolfenbüttel. Als interaktives und lebendiges Museum wurde die Veranstaltungsreihe „Unter der Oberfläche“ entwickelt. Hier können Kinder sich auf Spurensuche im Gärtnermuseum begeben: „Wie wächst so eine Bohne eigentlich, was so ein Apfel wohl wiegt?“.

Das Gärtnermuseum definiert sich außerdem als außerschulischer Lern- und Bildungsort, bietet Wolfenbütteler Kindertagesstätten und Schulen aus der Region Bildung zum Anfassen: Beete werden vorbereitet, es wird gesät und angepflanzt, gepflegt und geerntet. Auch gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Herzoglichen Braunschweigischen Feldcorps für gemeinsame Auftritte.

Die Mitglieder des Vereins Gärtnermuseum setzen sich mit viel Herzblut ein, ein offener Kulturort zu sein. Sie heißen alle Interessierten willkommen, besonders auch Familien mit Kindern. Die persönliche Ebene wird sehr groß geschrieben, das fällt mir während unseres Gesprächs immer wieder auf. Denn jeden Gast, der auf das Gelände kommt, begrüßen sie hier persönlich mit einem freundlichen Lächeln.

Ausblick

Die Vorstandsmitglieder haben viele Ideen, wie sie das Gärtnermuseum auch zukünftig noch attraktiver gestaltet wollen. Hierzu gehören zum Beispiel regelmäßige Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten. Andreas Meißler und sein Team überlegen auch, wie regelmäßige Öffnungszeiten realisiert werden könnten.

Heute ist Erdbeertag. Die frischen Erdbeeren aus Salzdahlum sehen wie gemalt aus und ich decke mich gleich mit zwei Körbchen zum sofortigen Naschen ein. Auch an dem Glas mit der tollen selbstgemachten Erdbeermarmelade komme ich nicht vorbei. Gut ausgerüstet geht es nun auf den Heimweg. Gerne komme ich wieder.

Informiert euch über Facebook oder auf der Internetseite des Gärtnermuseums über die Öffnungszeiten und die verschiedenen Veranstaltungen. Apfeltag, Erntedankfest und Adventsmarkt sind dieses Jahr noch geplant. Oder schaut zur Kulturnacht am 16. September im Gärtnermuseum vorbei. Das Programm wird vielfältig und bunt.

Dann am besten rauf aufs Fahrrad oder mit dem Bus anreisen (die Haltestelle liegt direkt am Gärtnermuseum) – einen Besuch kann ich euch empfehlen.

Für weitere Infos schaut doch mal auf der Internetseite des Vereins: www.gaertnermuseum.de

E-Mail: info@gaertnermuseum.de
Facebook: www.facebook.com/GaertnermuseumWolfenbuettel/

Gärtnermuseum
Neuer Weg 33
38302 Wolfenbüttel
05331 8565778

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