Blühende Beete, knackiges Gemüse und allerlei Geschichte(n)

Nachdem ich mit unserem Stadtgärtner bereits die wunderschönen blühenden Beete in unserer Innenstadt besucht habe (Blogbeitrag über die Blumenbeete in Wolfenbüttel) und auch einen der letzten Gartenbaubetriebe, die urige Gemüsescheune von Hans Martin Pölig kennengelernt habe (Blogbeitrag über Pölig´s Gemüsescheune) ist es selbstverständlich, dass mich meine Erkundungstour jetzt ins Wolfenbütteler Gärtnermuseum führt. Wo sonst kann ich etwas über die Geschichte der Gärtnereien in Wolfenbüttel erfahren?

Wolfenbüttel war Gärtnerstadt und kann stolz auf 300 Jahre Gartenbau zurückblicken. Die Gärtner haben die Wirtschaft, Kultur und das Stadtbild Wolfenbüttels entscheidend geprägt. Um die Spuren der Gemüsegärtnertradition in Wolfenbüttel zu erhalten und zu bewahren, wurde im Februar 2001 der Verein Gärtnermuseum Wolfenbüttel gegründet.

Das Gärtnermuseum in Wolfenbüttel
Das Gärtnermuseum © Achim Meurer

Freundlicher Empfang und sympathische Begegnungen

Das Gärtnermuseum öffnet einmal im Monat seine Pforten. Am heutigen Samstag habe ich mich, begleitet durch meinen Mann, aufs Rad geschwungen und bin zum Neuen Weg 33 geradelt.

Bei herrlichem Sonnenschein und blauem Himmel leuchten mir die großen Sonnenblumen am Eingang des Gärtnermuseums schon strahlend entgegen. Im Garten sitzen bereits einige Besucher an den Tischen und warten auf den Beginn der Führung. Auch meine Nachbarin treffe ich hier, das ist schon ein netter Zufall.

Anfangs begrüßt mich Friedhelm Niehüser, der sich als ehemaliger Architekt an der Sanierung federführend beteiligt hat und nun, im Ruhestand, sich mit seiner Frau engagiert an den Aktivitäten des Gärtnermuseums beteiligt. Seine Begeisterung ist spürbar, als er mir von der aufwendigen Sanierung berichtet und es macht viel Freude, seinen Geschichten zu lauschen.

Doch jetzt beginnt die Führung. Andreas Meißler, der ehrenamtliche Geschäftsführer des Gärtnermuseums, begrüßt uns herzlich. Wir gehen in den mittleren Teil des Gebäudes, früher ein Unterstand, heute der Veranstaltungsraum des Museums. Hier wurde schon liebevoll Hand angelegt, die Tische sind mit frischen, duftenden Rosen geschmückt. Uns wird erklärt, dass die Führung in zwei Bereiche aufgeteilt wird: Elisabeth Schwieger beginnt mit der historischen Einführung, anschließend wird Christian Hogrefe durch die Ausstellungen führen.

Geschichte der Gärtnereien in Wolfenbüttel

Elisabeth Schwieger stammt aus einer alten Gärtnerfamilie, wie sie erzählt. Hier erfahre ich, dass sie die Tante von Hans Martin Pölig ist, den ich bereits schon vor zwei Jahren bei meiner Blogrecherche kennen gelernt habe. Frau Schwieger berichtet anhand einer historischen Karte über die Geschichte der Gärtnereien in Wolfenbüttel. Interessanterweise begann die Entwicklung der Gärtnereien mit der Rückverlegung des fürstlichen Hofes nach Braunschweig. Die wohlhabende Bevölkerung zog samt ihrer Familien nach Braunschweig. So wurden die vor den Toren der Stadt liegenden Gärten der Hofbeamten und Bediensteten nicht mehr benötigt und konnten von Personen anderer Berufsgruppen gepachtet oder erworben werden.

Wolfenbüttels Einwohnerzahl sank nahezu auf die Hälfte und die Stadt verarmte – ab 1776 wurden ehemalige Vorwerksländereien in Gärten umgewandelt. Von da an wuchs die Zahl der Handelsgärtnereien auf weit über hundert an. So mussten sich die Gemüsebauern neue Absatzgebiete suchen und orientierten sich in Richtung Harz. Mit Pferdefuhrwerken wurden Goslar, Clausthal und Zellerfeld 2 Mal pro Woche angefahren. Dies bedeutete um 1 Uhr aufstehen, Pferde füttern, um 2 Uhr anspannen und sich auf die vierstündige Fahrt Richtung Goslar aufmachen.

Mit den nicht verkauften Waren ging es anschließend bis nach Clausthal und Zellerfeld. Um die Berge im Harz zu überwinden, taten sich zwei Gärtner zusammen und spannten zwei Pferde vor einen Wagen, die leeren Wagen blieben zurück. Ein solcher „Federwagen“ ist beim Gärtnermuseum ausgestellt und wurde mir von Herrn Niehüser schon vor der Führung gezeigt.

1802 betrieben 130 Familien in Wolfenbüttel Gartenbau, heute existieren nur noch drei in Wolfenbüttel. Und hier setzt das Gärtnermuseum an: Um die Spuren dieser mittlerweile fast verschwundenen Betriebe zu erhalten, entstand 2001 der Verein Gärtnermuseum. 2007 konnte der Verein den Streckhof Neuer Weg 33 erwerben. Von 2010 bis 2013 wurden in drei Bauabschnitten die maroden Gebäudeteile, also Wohnhaus, Remise und Stall in Abstimmung mit der Denkmalpflege behutsam saniert. Zum Erntedankfest 2014 wurde das Gärtnermuseum feierlich eröffnet.

„Wege“ in der Ausstellung

Nach der spannenden geschichtlichen Einführung von Elisabeth Schwieger übernimmt nun Christian Hogrefe den Rundgang durch die Ausstellungen. Wie auch Frau Schwieger ist er ehrenamtlich für das Gärtnermuseum tätig. Er kommt aus der Landwirtschaft, hat lange Jahre in der Herzog August Bibliothek gearbeitet und sein geschichtliches Wissen in die Ausstellung gesteckt. „Ich bin immer da, wenn es etwas zu tun gibt“, erzählt er mir mit einem freundlichen Lächeln.

Besonders nehme ich die Beschilderung der Räumlichkeiten wahr. Der rote Faden der Ausstellung ist das Thema Wege. Wir beginnen unsere Tour im Raum „Der Weg der Pracht“, dieser stellt die Zeit der Entstehung des Neuen Weges dar. Der Neue Weg war der Weg des Herzogs und führt kerzengerade nach Braunschweig, durch das Tor des Stöckheimer Weghauses. Der Alte Weg hingegen war der Weg für die Bürger. Weiter geht es zum „Weg des Fortschritts“. In diesem Raum ist eine Dosenverschlussmaschine ausgestellt, aus der Zeit der Konservenfabrik Busch-Barnewitz. Eine Teilnehmerin ist ganz begeistert „Da habe ich als Kind schon dran gedreht!“. „Der Weg des Lernens“ erläutert uns die Schulstadt Wolfenbüttel mit Breymanns Institut Neu Watzum, der Samson Schule und der Konditoren Fachschule. Über den „Weg des Miteinanders“ geht es zum „Weg der Gärtnereien“, der Ausstellung in der Scheune.

Nach so viel gut aufbereiteter Wissensvermittlung machen wir eine kurze Pause im Hof und es entstehen kleine, lockere Gespräche. Christian Hogrefe führt uns dann weiter in die Scheune. Hier steht der Federwagen, die Scheunendecke ist dekorativ mit vielen getrockneten Kräutern geschmückt. Nebenan sind die Arbeitsgeräte ausgestellt, Sämaschinen und Pflüge. Das Pferd hatte hier seinen Platz und ein bis zwei Schweine. Über eine Holztreppe kommen wir in den oberen Bereich und werden durch die Ausstellung geführt, derzeit mit den Sonderausstellungen „Die Gärtner in der Weimarer Republik“ und „Der Neue Weg“. Hier setzt auch eine rege Unterhaltung zwischen den Teilnehmern ein und in der Gruppe werden viele Erinnerungen wach, „Kennst Du noch den?“, „Kannst Du Dich daran noch erinnern?“.

Ausklang in gemütlicher Atmosphäre mit leckerem Kuchen

Während einige Teilnehmer noch länger in der Ausstellung verweilen, begeben sich andere wieder nach draußen. In der Küche sorgen engagierte Damen für die Bewirtung: Es gibt liebevoll gebackenen Kuchen sowie frisch gebrühten Kaffee. Ich entscheide mich für einen Käsekuchen mit weißen Johannisbeeren, die natürlich aus dem Garten des Gärtnermuseums stammen.

Der Kuchen ist einfach nur lecker und schmeckt in der heimeligen Atmosphäre des Gartens besonders gut. In der Küche sind ein Waschkessel und ein Wäschestampfer ausgestellt. Mein Mann ist ganz fasziniert, diese Utensilien kennt er noch von zu Hause.

Für mich war der Nachmittag im Gärtnermuseum ein besonderes Erlebnis. Beeindruckt hat mich das hohe Engagement der ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins. Hier wird mit Liebe und viel Begeisterung gearbeitet und auch Augenmerk auf die kleinen besonderen Dinge gelegt. Jeder bringt sich mit seinen Stärken ein, seien es geschichtliche Kenntnisse, architektonische, organisatorische oder auch handwerkliche Fähigkeiten.

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Gärtnereien in Wolfenbüttel

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