Wolfenbüttel literarisch: Meine Lesetipps – Weltliteratur, Krimi und mehr…

Wenn ich mich auf das Thema „Wolfenbüttel literarisch“ einstimme, kommt mir als erstes unsere mehr als 400 Jahre alte Herzog August Bibliothek, einst als achtes Weltwunder gefeiert, in den Sinn. In diesem ehrwürdigen Gebäude lagern viele wertvolle Bücherschätze, die zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland nach Wolfenbüttel locken. Und in der Bibliothek, in der imposanten Augusteerhalle, erfasst mich jedes Mal Ehrfurcht beim Anblick der vielen kostbaren und einzigartigen Bücher, die in Regalen bis zur Decke hin aufgereiht stehen.

Augusteerhalle ©Anna Meurer

Lessing und Nathan der Weise

Wolfenbüttel ist Lessingstadt und Lessing wirkte hier als Bibliothekar bis zu seinem Tode im Jahr 1781. Er schrieb in Wolfenbüttel seinen „Nathan der Weise“, Weltliteratur, die sich auch heute noch ihre Aktualität bewahrt hat. Gerade das Thema der verschiedenen Religionen und der damit verbundenen Konflikte beschäftigt uns ja fast täglich. Der Nathan, mit der Ringparabel und dem Toleranzgedanken sollte – meiner Meinung nach – heute Pflichtlektüre für Jeden sein. Für alle, die eher eine leichtere Lektüre vorziehen, empfehle ich den Nathan als Comic.

Nathan und Nathan©Dagmar Steffenhagen, Stadt Wolfenbüttel

In unserem schönen Wolfenbüttel, das sich mit seinen über 600 Fachwerkhäusern noch seinen historischen Charme erhalten hat, leben und arbeiten heute zahlreiche Autorinnen und Autoren bzw. lassen die Erinnerungen an ihre Wolfenbütteler Zeit in ihre Werke mit einfließen.

Historische Romane von Susanne Gantert

Zum Beispiel Susanne Gantert, studierte Theologin. Sie hat früher in Salzgitter gelebt und wohnt jetzt in Wolfenbüttel. Ihre historischen Kriminalromane spielen in Wolfenbüttel und Umgebung, zur Zeit der Renaissance. Sie recherchiert gerne in der Herzog August Bibliothek und findet dort die nötigen historischen Informationen für ihre Romane. „Manchmal sind die Quellen doch recht mager. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg wird es besser“, sagt sie. Am Ende jeden Buches listet sie genau auf, was wahr und was erdichtet ist. Konrad von Velten ist ihre Hauptfigur der bereits in zwei Fällen im Herzogtum Wolfenbüttel ermittelt hat.

Wie sie zum Schreiben gekommen ist, hat mir Susanne Diestelmann (Gantert ist ihr Künstlername) am Telefon verraten: Von der Stadt Salzgitter hat sie kleine Auftragsarbeiten erhalten, wie das Verfassen der Chronik für Salzgitter-Salder. Bei ihrer Recherche ist sie auf viele spannende Geschichten gestoßen, die ihre Fantasie angeregt haben. Ein evangelischer Pastor in der Reformationszeit musste fliehen, mit seinen vier Kindern. „Wie muss das für ihn gewesen sein?“, fragte sie sich und hat hierzu einen Familienroman geschrieben, der allerdings nicht veröffentlicht wurde.

Sie berichtet mir, dass diese Charaktere sie aber nicht mehr losgelassen haben und so wurden sie in ihren ersten Wolfenbüttel Krimi übernommen. Dieser spielt 20 Jahre später. Konrad von Velten, ein junger Jurist, wurde im Familienroman geboren und ist jetzt Ermittler im Herzogtum Wolfenbüttel. Das fertige Werk „Das Fürstenlied“ hat sie an den Gmeiner Verlag geschickt und es wurde sofort angenommen. Es folgte rasch die Fortsetzung „Der Mädchenreigen“ und jetzt wird bereits der 3. Band der Serie lektoriert, Erscheinungsdatum 2018.

Wie mir Susanne Diestelmann erzählt, ist mit den drei Bänden die Konrad von Velten Reihe nun abgeschlossen. Wie das Ende aussieht verrate ich hier allerdings noch nicht – die Spannung soll für euch als Leser noch bleiben.

Übrigens, kein Wunder dass Susanne Diestelmann gerne in die Geschichte eintaucht, ihre Familie stammt von Michael Praetorius ab.

Arne Dessaul und Jakob aus Bochum

Arne Dessaul, heute in Bochum wohnhaft, hat in Wolfenbüttel das Gymnasium im Schloss besucht und schreibt über Dinge, die er gut kennt. Die Erlebnisse seiner Schulzeit in Wolfenbüttel sind für ihn so präsent, dass sie ihm die Grundlage zu seinem packenden 400 Seiten starken Roman lieferten, der zwischen Bochum und Wolfenbüttel seine Stränge zieht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass das Titelbild seines Romans „Trittbrettmörder“ der Schlossinnenhof ist. Seine Figur Jakob Dieckmann lebt jetzt in Bochum und dieser organisiert das Klassentreffen zum 25. Jahrestag seiner Abiturklasse ´89 des Gymnasiums im Schloss. Doch einige der ehemaligen Schulkameraden werden nicht kommen können, denn einer nach dem anderen wird umgebracht. Das Krimidebüt von Arne Dessaul, erschienen im Juni 2016, ist spannend und hatte auch gleich Erfolg.

Arne Dessaul©Tim Kramer

Dessaul kommt immer wieder nach Wolfenbüttel, hier lebt noch seine Familie. Und dann nutzt er die Gelegenheit, Lesungen anzubieten, wie zum Beispiel bei Bücher Behr. Vor seiner Lesung habe ich den sympathischen 52-jährigen getroffen und wir haben uns über seine Krimis unterhalten. Arne Dessaul hat, wie seine Figur Jakob, das Gymnasium im Schloss Wolfenbüttel besucht und lebt, wie dieser, heute in Bochum. Während der Schulzeit war seine Leidenschaft zu Schreiben noch nicht ausgeprägt, aber seitdem seine Kinder älter sind, nutzt er die freigewordene Zeit und geht nun seinem Hobby nach, dem Verfassen von Krimis. Nach dem heute journal, wenn die gesamte Familie im Bett ist, geht es los: Dann werden die Erinnerungen an seine Wolfenbütteler Zeit lebendig, und er fängt an zu Schreiben. Wie ist er auf die Idee gekommen, Wolfenbüttel Krimis zu verfassen? Er verrät mir: „Bochum Krimis gibt es schon viele, aber Wolfenbüttel ist als Krimistandort noch unterrepräsentiert“. Das ist mir eigentlich ganz recht, denn es lebt sich in einer friedlichen Stadt (ohne viele Morde) doch recht unbekümmert. Für ihn gibt es allerdings noch viele interessante Tatorte – mal sehen was in unserem beschaulichen Wolfenbüttel noch so alles passieren wird…

„Trittbrettmörder“ spielt im Winter 2013/2014. In seinen Erinnerungen ist die Polizei noch in der Villa Meinecke am Grünen Platz untergebracht, auch wenn sie heute bereits umgezogen ist. Und sein Kriminalkommissar Helmut Jordan erinnert ihn an einen Polizisten, der wie die Romanfigur in Winnigstedt wohnt und die gleichen Initialen trägt. „Sonstige Ähnlichkeiten gibt es nicht“ sagt Dessaul, auch die Mitschüler von damals sind fiktiv, auch wenn manche meinen, sie würden sich doch wieder erkennen. Arne Dessaul hat mich neugierig gemacht und so habe ich das Buch „Trittbrettmörder“ gleich gekauft und beginne am nächsten Tag schon zu lesen: Gemütlich zu Hause, mit Blick aufs Schloss, zum Glück aber mit etwas Abstand zum blutigen Geschehen. Gleich schon auf den ersten Seiten packt mich das Buch und ich entdecke vieles Vertraute wieder. So taucht der Wolfenbütteler Fußballverein Germania auf, oder auch die heute noch beliebten Kneipen Theo und Zimmerhof 13.

Trittbrettmörder und Bauernjäger

Während ich gerade noch auf den ersten Seiten von „Trittbrettmörder“ bin, führe ich ein Telefonat mit einem lieben Freund, der mir begeistert erzählt, dass er momentan den „Bauernjäger“ liest. Das ist der zweite regionale Krimi von Arne Dessaul. Sonst kein Krimileser, ist er aber total hingerissen von den Büchern von Dessaul. Als gebürtiger Wolfenbütteler meint er „das passt alles“ – der Autor versteht es, die regionalen Örtlichkeiten treffend zu beschreiben und die Personen so gut darzustellen, dass diese lebendig wirken. Mein Freund meint, „Trittbrettmörder“ wird immer spannender und so freue ich mich schon aufs Weiterlesen. Ich kann den Eindruck bestätigen und empfinde beim Lesen das Gleiche: Dessaul schreibt authentisch, rückblickend über die Zeit der Region als Zonenrandgebiet und auch entdecke ich viel von dem heutigen, mir vertrauten, Wolfenbüttel. Natürlich darf auch die Firma Jägermeister im Roman nicht fehlen, im Roman beschrieben als Likörfabrik Waldläufer.

Da es mir schwerfällt, das Buch aus der Hand zu legen, habe ich in wenigen Tagen die 400 Seiten durch geschmökert. Mein Fazit: Ich bin begeistert von meinem ersten Wolfenbüttel Krimi. Jetzt habe ich Lust auf mehr, und werde mir den „Bauernjäger“ vornehmen. Übrigens: Arne Dessaul arbeitet schon an einem dritten Band!

Nun habe ich euch bestimmt ganz viel Appetit aufs Lesen und Entdecken gemacht. Taucht ein in die Welt von Susanne Gantert und in das Wolfenbüttel von Arne Dessaul. Und wer seine Begeisterung teilen möchte, hat dann auch gleich ein schönes Nikolaus- oder Weihnachtsgeschenk für seine Lieben.

Natürlich ist dies erst ein Anfang, es gibt noch viele Autorinnen und Autoren, die hier nicht genannt sind. Ich freue mich über eure Ergänzungen und Anregungen – vielleicht entsteht dann ja noch ein zweiter Teil meines Blogs.

Jetzt wünsche ich euch erst einmal viel Spaß beim Schmökern!

2 Gedanken zu “Wolfenbüttel literarisch: Meine Lesetipps – Weltliteratur, Krimi und mehr…

  1. Hallo Dagmar, wie schön und naheliegend, über das literarische Wolfenbüttel zu lesen und die Namen von Lessing und Gegenwartsautoren in eine Verbindung zu setzen. Die Anregung, weitere Autoren zu nennen, nehme ich gleich auf – es sollte auf gar keinen Fall Hans Pleschinskis „Holzvulkan“ fehlen, eine kurze und ungeheuer kurzweilige Schrift über den charmantesten und überzeugendsten Hochstapler, den die Wolfenbütteler Herzöge hervorgebracht haben: Anton Ulrich. Er war ja nicht nur kunstsinnig und ein großer Sammler, sondern wollte bekanntlich Wolfenbüttel auf der Landkarte gleichrangig neben den europäischen Metropolen sehen, und da er stets so klamm wie nur irgendein Wolfenbütteler Herzog war, nahm er für den Bau des für dieses ehrgeizige Vorhaben unbedingt notwendige Vorhaben eben günstiges Material – nicht Stein, sondern Holz. Sehr pragmatisch war das, aber auch nichts für die Ewigkeit, weswegen heute von dem Schloss in Salzdahlum nichts, aber auch gar nichts mehr zu sehen ist. Aber die Geschichte! Was für ein großartiges, hoch hinauswollendes Abenteuer, und Hans Pleschinski ist der wunderbare Erzähler, der solch einer Geschichte gerecht wird. Wenn es darum geht, ein gutes Wolfenbüttel-Buch zu empfehlen, dann unbedingt auch dieses Buch.

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