ArtNight in Wolfenbüttel: Für die Teilnehmer ist alles vorbereitet

Zum Künstler geworden: Bei der ArtNight in Wolfenbüttel

Jeden Tag werde ich von eindrucksvoller Kunst und Kultur in der ganzen Region begleitet – betreue ich doch das Netzwerk der ZeitOrte. Heute werde ich in Wolfenbüttel aber selber zum Künstler: Ich nehme an einer ArtNight in der Bowling Base teil. Das Motiv, das jeder von uns an diesem Abend zeichnen wird: Die Skyline der Stadt Wolfenbüttel. „Kann ja nicht so schwierig sein“, denke ich mir und mache mich auf den Weg.

Ganz entspannt: An die Staffelei, fertig, los

In einer ruhigen Ecke in der Bowling Base treffe ich auf Nina Schönian-Soellig – meine Künstlerin, die mich „an die Hand“ nimmt. Auch die anderen Teilnehmer sitzen an ihren Plätzen. Insgesamt sind wir zu sechst. Alles ist bestens vorbereitet: Vor uns steht eine Staffelei mit Leinwand, jeder hat mehrere Pinsel und viele Farben auf dem Tisch. Bevor wir starten, binden wir uns alle stolz unsere „ArtNight-Schürzen“ um – schließlich sollen die Klamotten vor unschönen Farbspritzern geschützt werden. Nach einer kurzen Einführung, wie man am besten mit den Acrylfarben umgeht, dürfen wir starten. An der Staffelei ist eine kleine Taschenlampe befestigt, so kann ich die Silhouette der Stadt mit Bleistift auf die Leinwand abpausen. Meine brillante Idee: Ich werde zwei Silhouetten der Skyline übereinander auf die Leinwand bringen – schließlich möchte ich ein ganz individuelles Kunstwerk zaubern.

Vorgezeichnet: Die doppelte Silhouette und den Federkeil der Lessingstadt will ich auf die Leinwand bringen / © Jan-C. Ahrens, ZeitOrte

Jetzt wird es bunt: Ich beginne mit dem Ausmalen der hinteren Silhouette. Ich mische verschiedene Blautöne und fange an zu pinseln. Irgendwie war das im Kindergarten und in der Schule mit dem Tuschkasten einfacher… Beim Auftragen der Farbe bin ich wirklich ungeübt, es ist aber auch meine erste Erfahrung mit Acryl. Die filigranen Spitzen der Türmchen sind ziemlich schnell ziemlich klobig. Ich frage mich, ob man später überhaupt erkennen kann, was da auf dem Bild wohl zu sehen sein soll. Und dann passiert es: Ich kleckere schönes dunkles Blau auf die untere Hälfte des Bildes – der Bereich also, der weiß bleiben sollte. Nina eilt mir zur Seite: Mit klarem Wasser bekommen wir den Fleck weggetupft. Ich beginne zu zweifeln: Vielleicht war die Idee der „Doppel-Silhouette“ doch nicht so brillant. Aber ich lasse mich nicht beirren. Der Himmel wird violett und rötlich und die zweite Silhouette möchte ich in „Sonnengelb“.  An diesem Punkt ist meine „ArtNight-Schürze“ schon voll mit bunten Farbspritzern und meine Hände erst recht. Ich bin mit meinem Werk zu drei Vierteln fertig, da werden die anderen Teilnehmer etwas unruhig. Sie sind alle bereits fertig und möchten nach Hause. Also machen wir schnell ein Gruppenbild.

Von der Airbrushkünstlerin zum ArtNight-Artist

Nina Schönian-Soellig ist im Anschluss sehr geduldig mit mir und ich nutze die Gelegenheit, mehr zu erfahren. Sie erzählt, dass sie früher als Airbrushkünstlerin unterwegs war und Autos, Motorräder, Rollstühle und sogar Särge lackiert hat. Sie malt aber auch Portraits oder Auftragsarbeiten in Aquarell, Kohle, Graphit, Öl, Pastell und Acryl. Sie hat auch schon an verschiedenen Orten in der Region ihre Werke ausgestellt.

„Bei der „Höhle der Löwen“ im TV bin ich auf die ArtNight aufmerksam geworden und habe mich als Künstlerin beworben“, erzählt sie. „Ich war überrascht, dass ich eine Zusage bekommen habe und freue mich sehr, dabei zu sein. Bei jeder ArtNight lernt man tolle neue Menschen kennen.“ Mittlerweile hat sie fast 50 ArtNights in Wolfenbüttel und Braunschweig durchgeführt.

Ich verpasse derweil meinem Bild den letzten Schliff. Mit grünem Farbverlauf decke ich mein „Klecks-Malheur“ vom Beginn ab und ganz zum Schluss setze ich den Federkiel auf das Bild – es soll schließlich einen Bezug zur Lessingstadt haben.

Nach gut zwei Stunden bin ich dann mit meiner Interpretation der Skyline fertig – und ein wenig stolz. Ich bin zum Künstler geworden und das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Was will uns der Künstler mit seinem Werk sagen?

Das Kunstwerk zeigt eindrucksvoll die wechselhafte Geschichte der Stadt Wolfenbüttel. Der Himmel ist in kirchlichem violett gehalten. Er steht für Lessings Toleranzgedanken der Aufklärung. Das royale Blau der hinteren Silhouette ist eine Hommage an Wolfenbüttel als ehemalige Welfenresidenz mit dem Schloss als Prunkbau und der Herzog August Bibliothek – der Farbverlauf ins dunkle zeigt den zwischenzeitlichen Niedergang nach dem Abzug der Welfen. Die vordere Silhouette hat einen schwarzen Schatten, der an die NS-Zeit in Wolfenbüttel erinnert (im Bürger Museum sehenswert dokumentiert). Die gelbe, helle und freundliche Silhouette symbolisiert das Wolfenbüttel von heute – lebens- und liebenswert, freundlich und immer aufs Neue spannend. Basis für das heutige Wolfenbüttel ist der grüne Farbverlauf unten: Wolfenbüttel hatte sich schließlich einen Ruf als Gärtnerstadt und in der Konservenindustrie gemacht. Die Erd- und Orangetöne sollen einen Hinweis auf 56 verschiedene Kräuter sein, die zu einem wunderbaren Likör verarbeitet und noch heute jeden Tag von Wolfenbüttel aus in die Welt verschickt werden.

Ich habe es geschafft! Danke an Nina Schönian-Söllig für die Geduld und die Tipps / © Jan-C. Ahrens, ZeitOrte

Oder ganz einfach gesagt: Ich hatte viele bunte Farben und bin erstaunt, was ich in mein eigenes Kunstwerk so alles hineininterpretieren kann.

Zu guter Letzt

Die ArtNight mit Nina Schöninan-Soellig in der Bowlingbase hat mir sehr viel Spaß gemacht und es wird nicht meine letzte gewesen sein. . Ich empfehle, dass ihr zu zweit oder in einer kleinen Gruppe teilnehmt – dann könnt ihr euch beim Malen und Zeichnen gleich austauschen und euch untereinander inspirieren. Pro Abend wird von jedem Teilnehmer ein Bild gezeichnet. Das Motiv ist für alle gleich, aber ich gebe die Garantie, dass alle Bilder komplett anders aussehen werden. Auf www.artnight.com gibt es die aktuellen Termine (Aktuell leider nur noch für Braunschweig). Versucht euch an einem Gemälde von Frida Kahlo, einem Dalmatiner oder an Amy Whinehouse.

Lasst euch einfach mal auf das Erlebnis, gemeinsam zum Künstler zu werden, ein. Ich wünsche euch viel Spaß dabei!


 

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