Vier Tage mit dem Lastenfahrrad in Wolfenbüttel – ein Selbstversuch

Schon seit geraumer Zeit habe ich den Eindruck, dass die »Artenvielfalt« beim Fahrrad immer größer wird. Vielleicht liegt es nur daran, dass ich seit der Anschaffung meines Pedelecs, selbst wieder kräftig in die Pedalen trete.

Auf meinen Fahrten begegne ich »freakigen« Liegefahrrädern, Rädern mit verschiedensten Anhängern und selbstverständlich auch – Lastenrädern.

Deshalb war die Frage, ob ich vier Tage den Selbsttest mit einem Lastenrad machen möchte, schnell mit einem »JA« beantwortet. Ich treffe mich in der Stadt mit der Radverkehrsbeauftragten Valerie Dubiel vor dem Rathaus. Von ihr leihe ich mir für die nächsten Tage das orangefarbene Lasten-E-Bike der Stadt Wolfenbüttel.

Der erste Tag – ein Härtetest!

Dann gibt es eine kurze Einweisung in das stabile Gerät, das zu den kleineren gehören dürfte. Ich schätze: Zwei Kisten Wasser müssten reinpassen.

Die Lenkung ist in der Mitte und spricht schnell und präzise an. Als Unterstützung gibt es den bewährten Boschmotor, die Schaltung scheint stufenlos zu sein. Auf ins Abenteuer.

Lastenfahrrad am Ortsausgang
Auch für längere Strecken ist das Lastenfahrrad geeignet. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Ich beginne meinen ersten Tag mit einem Härtetest. Es ist Donnerstag: Ich nehme das Lastenrad, um nach Braunschweig zum Unterricht zu fahren.

Mit dem normalen Fahrrad hätte ich heute tatsächlich Schwierigkeiten, denn ich muss einen gefühlten Regalmeter Prüfungsordner zur Vorbereitung auf dem Rückweg mit nach Hause nehmen.

Anhänger oder Lastenfahrrad?

Das Lastenrad hat deutlich kleinere und dickere Räder als mein normales Pedelec. Es läuft ruhig. Ich komme mir ein bisschen so vor, wie, als ich das erste Mal im Bulli gefahren bin. Es ist ein Fahrrad und doch wieder etwas ganz anderes. Mit dem Vorderrad im Blick gleite ich durch die Okerauen.

Im Korb kann ich ein Brett raus klappen. Dort haben bequem zwei kleinere Kinder Platz. Da hier – im Gegensatz zum Fahrradanhänger – mehr Last möglich ist, ist es dafür besonders gut gerüstet.

Auch bei Fahrradanhängern gibt es viele verschiedene Varianten für die unterschiedlichsten Zwecke. Ein besonders praktisches Modell bietet Uwe Thomas in seinem Geschäft »Vitrine« seinen Kunden an: Den Kofferraum fürs Fahrrad. Die Entscheidung, ob Lastenrad oder Anhänger, sollte auf jeden Fall individuell getroffen und gut überlegt werden. Wer

Zügig unterwegs

Ich erledige meine Dienstwege zügig und liege mit 50 Minuten gut in der Zeit, als ich an der Goslarschen Straße ankomme.

Dort werde ich mit einem großen »Hallo« von meinen Teilnehmern begrüßt, die sich mein Leihrad gleich genauer anschauen. Diese Erfahrung habe ich in den gesamten vier Tagen während meiner Probefahrten immer wieder gemacht: Wer ein Lastenfahrrad benutzt, ist nicht allein.

Ich bin erstaunt, wie oft ich von anderen angesprochen werde. Die gesteigerte Aufmerksamkeit ist dabei noch gar nicht mit eingerechnet…

Meinen Härtetest besteht das Lastenrad auf jeden Fall: Meine fünf Ordner nebst Tasche und Einkauf passen bequem auf die Ladefläche. Ich bin begeistert.

Am zweiten Tag zu Besuch im Einzelhandel.

Tag zwei, Freitag: Heute habe ich mir die große Runde zu verschiedenen Wolfenbütteler Einzelhändlern vorgenommen. Ihnen stelle ich das Lastenrad vor.

Zuerst treffe ich mich mit Peter van de Voort und frage ihn, warum er sich (bisher) noch nicht für ein Lastenrad entschieden hat. Denn für seinen Betrieb »Käseleckerland« hat er sich bereits seit längerem einen Fahrradanhänger angeschafft.

Er guckt sich mein Rad genauer an und findet es interessant. Seit einiger Zeit ist er zunächst schon aufs Pedelec umgestiegen. »Ich brauche seitdem nicht mehr ins Fitnessstudio zu gehen«, lacht er.

Kundenauslieferung mit Lastenrad?

Mit seinem Anhänger ist er zufrieden. »Ich transportiere in der Regel so 30 Kilogramm. Damit bin ich schneller beim Postamt als mit dem Auto«, erklärt er mir seine Situation. Dafür hält er den Anhänger im Moment noch für geeigneter. »Bei größeren Transporten würde ich aber vielleicht auf ein Lastenrad umstellen«, überlegt er.

Jörn Zeisbrich mit Lastenrad
Jörn Zeisbrich von »Barrique« plant ebenfalls, in Zukunft seine Weinauslieferung mit dem Lastenrad zu erledigen. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Einer, der das bereits konkret plant, ist Jörn Zeisbrich von »Barrique Wolfenbüttel«. Ich treffe ihn auf dem Stadtmarkt in Wolfenbüttel und er macht gleich eine Probefahrt.

»Jeden Donnerstag liefern wir die Weine direkt nach Hause. Und das würde ich gern mit dem Lastenfahrrad machen«, überlegt er. Der erste Eindruck vom Lastenrad bestätigt ihn in seinem Vorhaben.

Das Thema spricht sich rum

Michael Beck sieht das genauso. Er ist ein passionierter Radfahrer. Ohne elektrische Unterstützung fährt er gern von Braunschweig in sein Geschäft »Kornblume« auf der Breiten Herzogstraße.

»Ein tolles Lastenfahrrad ist das. Wenn die Ladefläche noch etwas größer wäre, könnte ich damit sogar meine Kunden beliefern«, stellt er gut gelaunt fest, als er auf dem Sattel Probe sitzt.

Michael Beck testet das Lastenfahrrad
Michael Beck: Der leidenschaftliche Fahrradfahrer testet das Lastenfahrrad. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

»Wir, der ADFC und die Kornblume, bemühen uns gerade um eine Förderung für ein ausleihbares Bürger-Lastenrad«, ergänzt er. Denn die Sensibilität für einen umweltfreundlichen Transport ist enorm groß.

Auch Andrea Pfeiffer-Haats von »natürlich NORDISCH« auf der Kleinen Breiten ist seit kurzem stolze Besitzerin eines Lastenrades.

Andrea Pfeiffer-Haats von atürlich nordisch mit ihrem Lastenfahrrad
Andrea Pfeiffer-Haats von »natürlich NORDISCH« mit ihrem Lastenfahrrad. © Andreas Pfeiffer-Haats

Und auch Fleischermeister Frank Heine ist vom Konzept des Lastenrades überzeugt. Regelmäßig pendelt er ebenfalls mit seinem Pedelec zwischen Adersheim und seinem Laden am Kornmarkt.

Er überlegt, wie auch er ein Lastenrad geschäftlich nutzen könnte. Innerhalb der Stadt kann auf jeden Fall, je nach Größe der Ladefläche, in kurzer Zeit wirklich viel erreicht werden.

Am dritten Tag zum Einkaufen auf den Markt.

Wochenmarkt Wolfenbüttel
Meine Einkäufe vom Wochenmarkt passen ganz locker auf das Lastenrad. ©Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Heute ist der dritte Tag meines Selbstversuches. Es ist Samstag und damit Wolfenbütteler Markttag. Bisher stelle ich fest, dass mein Testrad für den normalen Hausgebrauch auf jeden Fall gut zu gebrauchen ist und ausreichend Platz für den Transport verschiedenster Dinge taugt.

Ich mache mich mit meinem Leihrad auf den Weg zum Markt, um Gemüse und Kartoffeln zu holen. Außerdem ist Federweißerzeit und ich möchte noch eine Kiste des jungen Weines von Barrique mitnehmen. Da die Flaschen nicht verschließbar sind, müssen sie auf jeden Fall in der Kiste transportiert werden. Auch das wäre in meiner Satteltasche schwierig geworden.

Nach meinem Markteinkauf komme ich mit einer Grundschullehrerin ins Gespräch, die mein abgestelltes Fahrrad bewundert. »Ich muss immer so viel in den Unterricht mitnehmen, dass ich schon mit dem Gedanken gespielt habe, mir so ein Rad anzuschaffen«, erklärt sie mir. Wir tauschen uns kurz aus und ich freue mich, ihr von meinem Erfahrungen des ersten Tages berichten zu können.

Das Parkproblem

Woran beim Kauf eines Lastenrades ebenfalls auf jeden Fall gedacht werden sollte ist eine geeignete Abstellfläche: Eine Kellertreppe kann ich das wuchtige Rad nicht einfach runtertragen. Wo kann ich das Lastenfahrrad also zuhause am sichersten und am praktischsten abstellen?

Und auch unterwegs muss ich mir Gedanken darum machen, wo ich das Rad sicher und ohne im Weg zu stehen parken kann. Ich habe Glück und auf dem Stadtmarkt ist noch ein Fahrradparkplatz frei. Mit meinem Gefährt brauche ich einen Bügel für mich allein.

Lastenrad neben Fahrradbügel
Mein Parkplatz mit dem Lastenrad. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Da die Speichen der kleinen Räder zu eng sind, passt das dicke Fahrradschloss nicht durch. Und für manche Laterne auf dem Gehweg ist das Rad zu groß. Dann kommt niemand vorbei. Die Bügel auf dem Stadtmarkt sind zum Abstellen gut geeignet, aber nicht immer ist dort noch ein Parkplatz zu bekommen.

Schließlich bringe meine Marktbeute gut nach Hause. Auch eine weitere Zuladung beim Supermarkt auf dem Weg passt noch rein. Ich merke erneut, auch hier kann ich auf mein Auto problemlos verzichten.

Gemütlicher Freizeitausflug am vierten Tag.

Tag vier: Sonntag. Die Sonne scheint und es ist vielleicht unsere letzte Chance für einen sonnigen Fahrradausflug in diesem Jahr. Bisher sind wir noch nicht dazu gekommen ein Picknick zu machen.

Nach der Empfehlung von Valerie Dubiel fahren wir mit einem Fläschchen Roten, Brot und Käse sowie einem guten Buch zum Vilgensee. Dank dem Lastenrad sind dieses Mal sogar die klappbaren Campingstühle mit dabei. Wir genießen den letzten Spätsommertag. Ich freue mich, dass alle Picknickutensilien genug Platz im Fahrradkorb finden.

Leckere Naschereien zum Picknicken bekomme ich beim »Röber Gourmetmarkt«.
Leckere Naschereien zum Picknicken bekomme ich beim »Röber Gourmetmarkt«. © Andreas Molau, Stadt Wolfenbüttel

Am Montag gebe ich das Fahrrad wieder ab und treffe mich noch einmal mit Valerie Dubiel. »Die Entwicklung des Lastenfahrrades ist begrüßenswert. Je nach Ausstattung kann es einen Zweitwagen ersetzen. Die Anschaffungskosten mögen hoch erscheinen. Allerdings müssen beim Auto noch die hohen Wartungskosten, Reparaturen, Versicherung und Sprit hinzugerechnet werden.«, erzählt mir die Radverkehrsbeauftragte abschließend.

Kampagne »FahrRad zum Einkaufen«

Unimoke Fahrrad
Das Unimoke gibt es zu gewinnen. © Luisa Drews, Stadt Wolfenbüttel

In einer Stadt wie Wolfenbüttel ist auch die Überlegung nicht abwägig völlig auf das Zweirad umzusteigen, so Valerie Dubiel. Die städtische Kampagne zur Radverkehrsförderung beschäftige sich in diesem Jahr mit dem Thema »FahrRad zum Einkaufen«.

»Neben der Auftaktfahrt zu Einzelhändlern im Wolfenbütteler Stadtgebiet, zum Start der Aktion Stadtradeln, wurden beim ersten verkaufsoffenen Sonntag ›Grüßen aus dem Einzelhandel‹ an alle Radfahrer verschenkt. Außerdem gab es eine Fotoaktion mit dem UNI Moke E-Bike von urban drivestyle, das als Hauptgewinn beim Einzelhandelsgewinnspiel ›Schenk dir ein E-Bike‹ verlost wird«, erklärt sie mir.

Fotoaktion zum Gewinnspiel "Schenk dir ein E-Bike" in der Fußgängerzone.
Fotoaktion zum Gewinnspiel „Schenk dir ein E-Bike“ in der Fußgängerzone. © Denver Künzer, Stadt Wolfenbüttel

Noch bis zum 27. Oktober 2019, dem vierten verkaufsoffenen Sonntag in diesem Jahr, können E-Bike-Begeisterte Kunden des Wolfenbütteler Einzelhandels sich an dem Gewinnspiel beteiligen. Dabei zählt jeder Einkauf ab 5 Euro, egal aus welchem Geschäft. Der Bon könne in einen vorbereiteten grünen Umschlag gelegt und bei der Stadt abgegeben werden. Neben dem UNI Moke werden von den Einzelhändlern Wolfenbüttels auch noch weitere Trostpreise gespendet.

Mein Fazit

Die vier Tage Lastenfahrrtad-Test haben mir viel Spaß gemacht. Ich konnte mit dem Lastenrad alles erledigen, wozu ich sonst das Auto benötig hätte. Die Idee von Michael Beck und dem ADFC, solche Räder leihbar anzubieten, scheint mir gut zu sein. Ebenso die Aktionen der Stadt. Das alles trägt für mich zur Sensibilisierung für das wichtige Thema E-Mobilität bei. Ich jedenfalls habe schnell Feuer für dieses Fortbewegungsmittel gefangen. Einfach mal selber ausprobieren – es lohnt sich.

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